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Ende mit der Kleingliedrigkeit der Unterrichtsgestaltung
In einer Zeit, in der sich Schule in ihrer Unterrichtsorganisation vielfach immer noch als die Summe 50-minütiger Einheiten versteht, kann die Ermöglichung, diese Zeittaktung aufzubrechen, wohl nur begrüßt werden. Hier hat der Gesetzgeber erkannt, dass ein pädagogischer Prozess nicht in erster Linie das kurzfristige Ansammeln von auswendig zu lernenden Wissensbeständen ist, sondern vielmehr ein sich über längere Zeit kontinuierliches Auseinandersetzen mit Themen bedeutet. Und für diesen Prozess brauchen Lernende Zeit, um Gehörtes, Gesagtes, Gesehenes, Erkanntes für sich bedenken und verarbeiten zu können.
Mehr Zeit = langfristigerer Erfolg
Erst so ist es möglich z.B. jede Materie intensiv aus unterschiedlichen Seiten zu betrachten und einen Themenbereich von Grund auf erarbeiten zu können. Will ich als PädagogIn, dass Menschen etwas nicht nur kurzfristig erlernen und behalten, sondern es sich kompetent Schritt für Schritt aneignen – und es in gewisser Hinsicht auch für das eigene Leben lernen und anwenden können – dann benötigen diese Inhalte unter Umständen, je nach Altersstufe der Schülernnen oder je nach Themenbereich, größere Zeitblöcke. Dadurch geschieht Festigung und Vertiefung. Menschen werden anders und neu geprägt.
Unterrichtseinheiten neu denken
In meinen Gesprächen mit zahlreichen LehrerInnen höre ich immer wieder den Satz: „Ja, wenn ich nur etwas mehr Zeit hätte für das Eine oder Andere, dann könnte ich dieses oder jenes intensiver bzw. vertiefender und vor allem ganzheitlicher mit meinen SchülerInnen bearbeiten.“
Ich denke, dem kann nur zugestimmt werden. Es muss gerade auch deshalb die Grunderkenntnis sein, sich endlich von der Kleingliedrigkeit der Unterrichtsgestaltung zu verabschieden. Auf Basis des neuen Gesetzes können aber nun entweder bestimmte fachliche Teile oder sogar alle Gegenstände aus dieser engen zeitlichen Umklammerung und Begrenzung herausgenommen werden, um sie in zeitlich größere Kontexte zu stellen.
Zwei Schritte nach vor, kein Schritt zurück
Was allerdings in meinen Augen kontraproduktiv für diesen Grundgedanken wäre, ist das „Abzwicken“ von jeweils fünf Minuten von jeder 50-Minuten-Einheit, um einen Gegenstand dadurch ausweiten zu können. Denn die Folge wäre dann genau jene, die der Gesetzgeber hier nicht noch verstärken möchte: Die zeitlichen Ressourcen eines fachlichen Bereiches zu Ungunsten aller anderen Gegenstände auszuweiten. Das kann hier nicht gemeint sein, denn dann hätte schließlich ein Gegenstand plötzlich deutlich mehr und die anderen weniger Zeit zur Verfügung:statt der 50-Minuten-Einheit ergäbe sich plötzlich für alle Gegenstände eine 45-Minuten-Einheit. Das gilt es in meinen Augen gerade zu verhindern, denn es widerspricht dem gesetzlichen Anliegen nach einer pädagogisch fundierten Flexibilisierung in seinem Grundgedanken.
Also brechen wir doch endlich das in jeder Hinsicht pädagogisch überalterte und viel zu kleingliedrige Unterrichtssetting zugunsten größerer und dem Menschen für sein Lernen und Verstehen angemesseneren Zeithorizonte auf.