Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
„30-25-21-13-8-6“
„30-25-21-13-8-6“ – das sind nicht die Lottozahlen für „6 aus 45“, sondern Zahlen, die im österreichischen Schulsystem die Größen von verschiedenen Klassen und Gruppen an diversen Schultypen angeben. Gibt es also einen Bezug zwischen den Lottozahlen und den schulischen Eröffnungs- und Teilungszahlen in Österreich? Wohl kaum, außer, dass sie vordergründig wichtige Richtwerte darstellen, mithilfe derer unterschiedlichste Argumentationslinien verfolgt werden. An den österreichischen Schulen und in den Klassen gibt es zwar bislang per Gesetz standardisierte Gruppengrößen, die von Fachgruppen vor jeweils längerer oder kürzerer Zeit definiert und festgelegt worden sind, dennoch hat kaum je eine Klasse an einer Schule dieselbe Klassenschülerzahl wie eine andere. Sind vorgegebene Zahlen also nur als Berechnungsfaktoren wichtig oder stellen sie auch eine pädagogisch wichtige Größe dar?
Zwischen Berechnungsgrundlage und individueller Rücksichtnahme
Als Berechnungsgrundlage sind diese Zahlen zweifellos relevant, aber in ihrer Schlüssigkeit und in ihrer Striktheit sind sie – vor allem, wenn man sieht, wie sie zentral gesteuert werden – vielleicht nicht immer das ideale Mittel, um lernende Kinder und Jugendliche passgenau und zielgruppengerecht in die jeweiligen Lernverbände einzuteilen.
Wo bleibt da die pädagogische und schulorganisatorische Rücksichtnahme auf regionale und lokale Besonderheiten, sowie auf die Fähigkeiten der Schulleitungen, im Einvernehmen mit dem Lehrkörper ihre unterschiedlich begabten SchülerInnen mit geeigneten Maßnahmen in der Organisation von Gruppen zu besten Ergebnissen zu führen?
Von der Vision zur Realität
Vor der Schulautonomie und vor dem Bildungsreformgesetz waren temporäre, flexible Gruppengrößen eine Vision, die in der Realität nicht umgesetzt werden konnte. Nun können durch solche temporären Flexibilisierungen Klassen und Lerngruppen so verändert werden, dass das Erreichen von Bildungsstandards oder Lehrzielen sinnstiftend verstärkt werden kann. Auf diese Weise können etwa gemeinsame Lerngruppen bis zur nächsten Schularbeit gegründet werden. Es können auch in mehrstündigen Unterrichtsgegenständen in der Inputphase flexibel vortragsähnliche Veranstaltungen organisiert werden, die dann in der Übungsphase je nach Bedarf durch kleingruppige Lernphasen abgelöst werden können.
Dieses chancenreiche Modell bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Aktivierung der vorhandenen Potenziale aller SchülerInnen und kann zum Beispiel auch im Kreativunterricht gut eingesetzt werden. So könnte man etwa in Bildnerischer Erziehung oder in Musikerziehung mit flexiblen Gruppen den Anforderungen der musisch-künstlerischen Talenteförderung besser und individualisierter Rechnung tragen, ebenso könnten diese Veränderungen im Bereich Bewegung und Sport sowie im Leistungssport zu Qualitätsverbesserungen führen.
Entscheidungskompetenz vor Ort
Die Eröffnungs- und Teilungsziffern sind also nicht mehr ausschließlich in Stein gemeißelt. Sie können nun in der Schulautonomie je nach Bedarf durch verantwortungsvolle Entscheidungen an der Schule aufgelöst und sinnvoll neu organisiert werden. Diese pädagogische und organisatorische Verantwortung wird nicht unbedingt einfach wahrzunehmen sein, dennoch besteht hier hohes Vertrauen in die Handlungs- und Verantwortungskompetenz vor Ort. Die Schulleitungen und die Schulgemeinschaften wissen vor dem Hintergrund der schulischen Qualitätsentwicklung am besten, welche zahlenbezogenen Auf- und Einteilungsmechanismen zu bedienen sind, um ihre Unterrichts- und Ergebnisqualität erfolgreich zu heben. Dadurch wird die bedingungslose Zahlenhörigkeit im Schulsystem eher der Vergangenheit angehören und den Schulen werden mehr Chancen eröffnet, die nach ihrer Einschätzung und Bewertung bestmöglichen Gruppen- und Klassengrößen so flexibel zu gestalten, wie sie sie brauchen.
Lassen wir daher unsere Schulen nicht länger Spielball der zentralen Steuerung bleiben, sondern machen wir sie zum flexiblen Spielraum für unsere eigenen Vorstellungen von einer autonomen und erfolgreichen Schule.