Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
Flexible Öffnungszeiten verändern die Schulkultur
Der Bedarf an flexiblen Öffnungszeiten in Bildungseinrichtungen ist vermehrt durch die Erwerbstätigkeit meist beider Elternteile gegeben, sofern überhaupt zwei gegeben sind. Familien und vor allem AlleinerzieherInnen, die Erwerbsarbeit leisten und ihr Familienleben in Einklang bringen wollen, stehen dabei unter permanentem Zeitdruck. Dafür brauchen sie Unterstützung.
In Phasen mit hohem Bedarf an Familienzeit sollten Eltern die Möglichkeit haben, Erwerbsarbeit zu reduzieren, beispielsweise wenn die Kinder klein sind oder Angehörige gepflegt werden müssen. Hierzu müssen Staat und Wirtschaft Modelle entwickeln und vermehrt anbieten. Die zentralen Taktgeber für das Familienleben bilden Arbeitszeiten, Öffnungszeiten der Kindergarteneinrichtungen, der Schulen, die Öffnungszeiten von Geschäften, ÄrztInnen und Freizeitangeboten. Hier sind die Stellschrauben für die Synchronisierung und Entzerrung des Familienlebens zu finden.
Nachdem die Schule eine dieser Stellschrauben darstellt, kann sie sich dabei eigentlich nicht aus der Verantwortung nehmen und ist gefordert, nach Lösungen bezüglich eines zeitlich flexibleren Betreuungsangebotes zu suchen. Aufgrund der individuellen Schultypen und Schulstandorte (ländlicher und urbaner Bereich) ist es schier unmöglich, eine zufriedenstellende Einheitslösung vorzugeben. Es ist gewinnbringender und erfolgsversprechender, wenn die einzelnen Standorte autonom eigene Lösungsmodelle für das ihnen anvertraute Klientel zu entwickeln.
Erhöhtes Betreuungsangebot erfordert ein multiprofessionelles Team
Erfordern eine flexible Öffnungszeit oder ein flexibler Unterrichtsbeginn Zusatzressourcen in Form der Beaufsichtigung der SchülerInnen, hat dafür die Schulleitung in Zusammenarbeit mit dem Schulerhalter Sorge zu tragen. Die besten Rahmenbedingungen für den flexiblen Umgang mit der Zeitressource kann eine ganztägige Schulform bieten. FreizeitpädagogenInnen und SozialarbeiterInnen können u. a. hierbei ganztägig und flexibel eingesetzt werden und ergänzen die kompakte und qualitätssichernde Unterrichtszeit der PädagogenInnen. Wenn die SchülerInnen vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag in der Schule verbringen, sind sie der Gefahr einer „Pädagogisierung“ ausgesetzt, wenn sie in diesem Zeitraum nicht abwechslungsreich begleitet werden. Die Bedürfnisse der Kinder sind nicht allein durch Lern- und Betreuungszeiten ausreichend gestillt, es bedarf auch Auszeiten, in welchen sie selbstständig und eigenverantwortlich agieren dürfen. Deshalb ist ein Gesamtkonzept von Nöten, das von einem multiprofessionellen Team erstellt und begleitet werden muss. Das Rollenbild der Lehrer-Innen ändert sich von WissensvermittlerInnen zu LebensbegleiterInnen. Die Schulkultur muss neu gedacht werden.
Reformpädagogische Lernsettings – eine ausgezeichnete Grundlage für ein flexibles Zeitmanagement
ReformpädagogenInnen bringen für diese Art der Lebensbegleitung aufgrund ihrer Haltung Voraussetzungen mit, die in der herkömmlichen PädagogInnenbildung noch in den Kinderschuhen stecken und viel Luft nach oben haben. Das neue Grundschulpaket beinhaltet von der Schuleingangsphase, über die Individualisierung bis hin zur Kompetenzorientierung all diese Anforderungen. Im Regelschulwesen muss die gewinnbringende Umsetzung aber erst glaubhaft in die Gänge kommen. Viele GrundschulpädagogInnen beklagen die Überforderung vor allem in der Individualisierung. Die breite Heterogenität in einer 25 SchülerInnen großen Klasse ist alleine schwer, wenn überhaupt bewältigbar. Darüber sollten die GesetzgeberInnen noch einmal gründlich nachdenken.
Flexible Öffnungszeiten und Unterrichtszeiten sind jedoch erst dann gewinnbringend, wenn die SchülerInnen selbstständig und eigenverantwortlich ihren Aufgabenstellungen nachgehen. Dazu gehört eine Menge Vorarbeit, beginnend ab der Volksschule und schulübergreifend. Ein eigenverantwortliches und verlässliches Zeitmanagement muss erst einmal erlernt werden.
Ein Internationales Beispiel für flexible Öffnungszeiten: Das Alsdorfer Gymnasium bei Aachen
Das pädagogische Konzept des Alsdorfer Gymnasiums erlaubt viel Flexibilität, hinsichtlich der Erlangung der Selbstkompetenz seiner Schüler-Innen. Unterrichtet wird zum Teil nach dem reformpädagogischen Dalton-Prinzip, das auf ein hohes Maß an selbstständigem Lernen setzt. Der „Daltonplan“ ist eine Unterrichtsform, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der US-amerikanischen Reformpädagogin und Montessori-Schülerin Helen Parkhurst entwickelt wurde. Sie führte das Prinzip 1920 an der Public-High-School in Dalton/Massachusetts ein (so kam es zu der Bezeichnung). Auch am Alsdorfer Gymnasium lernen Schüler in sogenannten „Dalton-Stunden“ individuell, aber unter Aufsicht von LehrernInnen. Alle SchülerInnen müssen eine bestimmte Zahl solcher Stunden absolvieren, die auch quittiert werden – wann genau, das bleibt aber den SchülernInnen überlassen.
Im einem Beitrag der Sendung Galileo Video wird ausführlich über das „Gleitzeit Gymnasium“ berichtet:
Visionen kann man denken – der Weg ist das Ziel!