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Dr. Andreas Salcher: „Lernen braucht Gemeinschaft!“
Gespräch mit Bestsellerautor und Bildungsvisionär Dr. Andreas Salcher zum Thema „Schulautonomie“
Axel Zafoschnig: „Herr Dr. Salcher, als Bestsellerautor und kritischer Vordenker in Bildungsfragen sind Sie dafür bekannt, dass Sie sich mit aller Kraft für die Schaffung von gut funktionierenden, zukunftsfähigen Schulen einsetzen. Sie wollen auch vehement die Talente aller österreichischen Schüler/innen fördern und halten dafür die von oben verordneten Schulreformen für wenig zweckmäßig. Ihrer Ansicht nach basieren gute Schulen auch auf der Beziehung zwischen Menschen, zwischen Kindern und Erwachsenen sowie zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen.
Wie beurteilen Sie nun aus Ihrer Expertensicht die Erfolgschancen des Ermöglichungspakets „Schulautonomie“?“
Dr. Salcher: „Da müsste man sich zunächst mit der Frage beschäftigen: Wie würde Autonomie wirklich aussehen? Ich meine damit die pädagogischen Rahmenbedingungen, die ich im Folgenden näher erläutern möchte: Schüler/innen lernen am besten von Lehrer/innen, die sie mögen und von denen sie inspiriert werden. Schüler/innen freuen sich nicht auf Gegenstände, sondern auf Menschen, die für sie Vorbilder sind. Die Reduktion der bisher 12 bis 24 Fächer auf deutlich weniger, aber größere Lernfelder nimmt ungemein viel Stress von den Lehrer/innen und Schüler/innen. Der Gesamtstundenplan einer lebendigen Schule sieht nicht mehr so kompliziert wie der Aufbau eines Atomkraftwerkes aus, weil er nicht die Bauchnabelsicht von unzähligen Gegenständen berücksichtigen muss. Lernen braucht Gemeinschaft. Lehrer/innen erbringen die besten Leistungen in Teams. Das bedeutet einen hohen Kommunikationsaufwand. Zu glauben, dass man den Kulturwandel von der überregulierten Belehrungsschule zu einer lebendigen autonomen Schule ohne intensive Prozessbegleitung an den 6000 Schulen erreichen kann, ist eine Illusion. Dafür sind derzeit aber keine Geldmittel vorgesehen. Die Transformation soll offenbar von unsichtbarer Zauberhand geleitet werden. Hier müsste man unbedingt noch nachjustieren und für professionelle Schulentwicklungsberatung und das benötigte Budget sorgen.“
Axel Zafoschnig: „Sie beschreiben in Ihrem Buch „Nie mehr Schule – immer mehr Freude“ sehr klar, warum die heutige österreichische Schule eher mit Schrecken als mit Freude assoziiert wird. Es geht da um unangenehme Pflichterfüllung beim Lernen versus freudvolles Miteinander beim Wissens- und Kompetenzerwerb.
Wie kann Ihrer Ansicht nach die Freude am Lernen gesteigert werden und wie können bessere Ergebnisse erzielt werden, die es den Jugendlichen ermöglichen, Ihr Leben erfolgreicher zu bewältigen?“
„Der Ausbau einer sinnvollen Schulautonomie (…) ist entscheidend für die Entwicklung erfolgreicher Konzepte des lebenslangen Lernens.“
Dr. Salcher: „Dazu habe ich folgende Erkenntnis gewonnen: Die Welt teilt sich in die Lerner und die Nicht-Lerner ein. Und die Nicht-Lerner werden zu den großen Verlierern gehören. Jeder einzelne muss das für sich entscheiden. Jede Schule, jedes Unternehmern, jedes Land. Österreich verharrt schon viel zu lange zögernd vor der Weggabelung zwischen den lernenden und den nicht-lernenden Nationen. Wie die Zukunft aussehen wird, weiß natürlich niemand. Eines scheint jedenfalls sicher: Künstliche Intelligenz schlägt menschliche Dummheit. Kinder, die nicht lesen können, werden chancenlos gegen Computerintelligenz sein und keine Arbeit finden. Tafel und Kreide, veraltetes Schulwissen, das in Frontalvorträgen vermittelt wird, sind keine gute Vorbereitung auf eine Welt, in der Kreativität, emotionale Kompetenzen und Problemlösungsfähigkeit gefordert sein werden. Wer daher sein Leben als ständiges Lernprogramm versteht, der kann optimistisch in die Zukunft blicken. Deshalb halte ich den Ausbau einer sinnvollen Schulautonomie auch für ganz entscheidend für die Entwicklung erfolgreicher Konzepte des lebenslangen Lernens.“