Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
Schulzeit ist Lebenszeit
Sollen wir unsere schulischen Öffnungszeiten neu organisieren?
Obwohl auch im modernen österreichischen Bildungssystem unsere Schulen die Orte für Kompetenz- und Wissensvermittlung sind, kommen doch immer neue Lernorte wie die digitalen Plattformen oder neue Lernmodelle wie jahrgangsübergreifende Lerngruppen sowie neu verteilte Lernzeiten, die eine individuelle Förderung ermöglichen, hinzu.
Bei all den möglichen Flexibilisierungen durch die Schulautonomie sollte man sich daher auch mit den folgenden brennenden Fragen zur Neuordnung von zeitlichen Strukturen an der Schule befassen:
- Sind unsere derzeitigen Schulöffnungszeiten noch zeitgemäß?
- Soll die Schule früher oder später beginnen?
- Soll auch an Samstagen wieder Unterricht stattfinden?
- Wie können wir die schulautonomen Tage für unseren Standort am besten regeln?
Unterschiedliche Rollen – unterschiedlichen Perspektiven
Auf all diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten, denn dazu gibt es von allen Betroffenen der Schulgemeinschaft – von den SchülerInnen, den LehrerInnen, den Eltern – aber auch von wissenschaftlicher Seite die verschiedensten Standpunkte und Perspektiven, weil die in der Schule verbrachte Zeit je nach Rolle immer unterschiedlich erlebt wird.
Margit B., BHS-Lehrerin aus Klagenfurt, meint dazu, „dass der tägliche Schulbeginn um 7:45 Uhr genau passt, weil nach der 11. Stunde um 17:00 Uhr niemand mehr in der Schule bleiben möchte“, auch Schülerin Christiane H. aus Villach kann sich „etwas Schöneres vorstellen, als nach der Schule nach Hause zu kommen, Hausübung zu machen, zu lernen und dann schlafen zu gehen“, wenn die Schule etwa erst um 8:45 oder 9:00 Uhr beginnen würde. Für die Eltern spricht Alfred G., Vater eines 17-jährigen Sohnes, wenn er sagt, dass „ein späterer Schulbeginn auch nicht garantieren könne, dass sein Sohn seine 8-9 Stunden Schlaf bekäme, die er braucht, um am Vormittag gute schulische Leistungen erbringen zu können.“
Eine Schule der Vielfalt und der Chancengleichheit
Wie auch immer man zu den oben angeführten Fragen steht, die neue Schulzeitautonomie betreffend die schulischen Öffnungszeiten und die schulfrei erklärten Tage eröffnen allen Beteiligten an den Schulstandorten die Möglichkeit, den Unterrichtsbeginn in der Früh, am Nachmittag und am Abend zu verschieben, vor Beginn des Unterrichts Betreuungsangebote zu organisieren oder über die Flexibilisierung der Zeitstrukturen neue Lernarrangements zwischen 7:00 und 19:00 Uhr – nicht nur durch LehrerInnenbetreuung – anzubieten.
In einer Schule der Vielfalt und der Chancengleichheit sollten die unterschiedlichen Öffnungszeiten auch zusätzliche Möglichkeiten für individualisiertes Lernen bieten. Sie könnten jenen Hilfestellung leisten, die zu Hause aus verschiedensten Gründen nicht lernen können und sie könnten so dazu beitragen, dass der Bildungserfolg weniger von der sozialen Herkunft abhängig gemacht wird, als von der jeweiligen schulischen Unterstützungskultur vor Ort.
Von neuen Öffnungszeiten, individueller Lernbegleitung und Lernfreude zu verbesserten Lernergebnissen
Wenn zur Verfügung stehende Lernzeiten also mit Qualität umgesetzt werden, wenn neue Öffnungszeiten individuelle Lernbegleitungen ermöglichen oder wenn jahrgangsübergreifendes Lernen in innovativen Lernverbänden zu biorhythmisch akzeptablen Zeiten für die Schule einen Mehrwert bedeuten, dann wird sich auch die zeitlich flexible Ausgestaltung mit neuen Angeboten rasch etablieren.
Die Verantwortungsübernahme für das eigene Zeitmanagement und das damit verbundene pädagogische Angebot liegt immer bei der Schule: Sie muss davon überzeugt sein, dass es Sinn macht, den SchülerInnen genügend Zeit für individuelle Förderung zur Verfügung zu stellen und die Lernbegleitung in Richtung individualisiertes Lernen auch zeitlich so zu gestalten, dass bei allen SchülerInnen die Lernfreude gewahrt bleibt oder idealerweise steigt und die Lernergebnisse verbessert werden können.
Sinn- und freudvolle Lernzeit als identitätsstiftender Teil der Lebenszeit gestalten
Dieselbe Motivation muss auch für die Planung der schulautonomen Tage gelten, die insbesondere für die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte, für Teambuilding-Maßnahmen oder für Events und Veranstaltungen der Schulgemeinschaft genutzt werden können. Kreativität und Einfallsreichtum vor Ort bei gleichzeitiger Loyalität zur gemeinsamen Nutzung dieser Tage sind auch hier die wesentlichsten Voraussetzungen.
Denn nur dann, wenn die Schulzeit von allen Akteurinnen und Akteuren am Schulstandort als sinnvolle und freudvolle Lernzeit – und somit als identitätsstiftender Teil der Lebenszeit – gestaltet werden kann, wird auch die von allen Bildungsverantwortlichen herbei gewünschte Steigerung der Effektivität des Lehrens und des Lernens stattfinden.
Dies kann eben nicht nur über die vermittelten Lehrinhalte und Bildungsziele oder über eine konformistische Schulorganisation erreicht werden, die schulische Erfolgsarbeit zeigt sich auch an einer schülerInnenfreundlichen Regelung der Öffnungszeiten, der Regenerations- und Pausenzeiten aber vor allem der so wichtigen Lernzeiten!