Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
Flexible Klassen- und Gruppengrößen: Wie machen das eigentlich die Anderen?
Die letzte Erhebung der EU-Kommission zu Gruppen- und Klassengrößen fand mit dem Eurydice Report 2012 statt und umfasst 33 europäische Staaten mit insgesamt 38 verschiedenen Bildungssystemen. Erhoben wurden dabei die höchsten zulässigen Schüler*innenzahlen, die Mindestschüler*innenzahlen sowie die Schüler*innen-Lehrer*innen-Relationen.
Aus der Gesamtsicht heraus konstatierte der Report ein tendenzielles Ansteigen der Klassenobergrenzen mit dem Alter der Schüler*innen. Doch nicht alle Bildungssysteme haben Vorschriften bezüglich der höchstens zulässigen Schüler*innenzahl in der Primar- und Sekundarstufe. Etwa zwei Drittel der Staaten haben Klassenobergrenzen festgelegt, die Hälfte dieser Staaten hat zusätzlich Vorschriften zu Mindestschüler*innenzahlen vorgegeben. Der Report stellte außerdem fest, dass über die zehn Jahre zuvor, die Höchstzahlen der Schüler*innen pro Klasse weitestgehend konstant geblieben sind und es keine gravierenden Änderungen in den beteiligten europäischen Staaten gab. Die zulässigen Klassenstärken bewegten sich damit weiterhin zwischen 25 und 35 Schüler*innen pro Klasse.
In welchen Staaten fand der Report die höchsten Klassenstärken und wo in Europa hingegen die niedrigsten?
In Spanien und Ungarn fand man mit einer zulässigen Höchstzahl von 35 Schüler*innen im Sekundarbereich II die höchsten Obergrenzen, sowie im Vereinigten Königreich (Schottland) mit 33 Schüler*innen pro Klasse in der Primar- und Sekundarstufe I. Die hingegen niedrigste für eine Klassenbildung erforderliche Schüler*innenanzahl wurde in Rumänien und der Tschechischen Republik ermittelt. In diesen beiden Staaten ist eine Klassenbildung sowohl in der Primar- als auch Sekundarstufe ab 10 Schüler*innen pro Klasse möglich.
In der Regel gelten die Vorschriften über die Klassenstärken in den europäischen Staaten über alle Jahrgangsstufen und alle im Lehrplan vorgesehenen Fächer, dennoch gibt es Ausnahmen. So sind beispielsweise in Belgien (Französische Gemeinschaft) die Vorschriften zu den Klassenstärken für die Fächer Religion und nicht-konfessionelle Ethik im Sekundarbereich I ausgesetzt. Polen hingegen hat im Grunde keine offiziellen Vorschriften zu Klassengrößen, jedoch wurden für bestimmte Fächer Grenzen festgelegt. Dabei handelt es sich um Fächer, in welchen die Schüler*innenanzahl Einfluss auf die Lernleistungen haben (z.B. IKT als Pflichtfach, wenn eine begrenzte Anzahl von PCs zur Verfügung stehen, Fremdsprachen als Pflichtfach, Labor- und praktischer Unterricht sowie Unterricht über die „Vorbereitung auf das Familienleben“).
Doch wie sehen nun die tatsächlichen Klassenstärken aus?
Im europäischen Durchschnitt ermittelte der Report eine Klassenstärke in der Sekundarstufe I von 25 bis 28 Schüler*innen pro Klasse und stellte weiter fest, dass die Klassenstärken in den meisten europäischen Staaten unterhalb der vorgeschriebenen Obergrenze lag. Größere Klassen als in den offiziellen Empfehlungen angegeben fanden sich mitunter neben Österreich auch in Estland, Ungarn, Slowenien, der Slowakei und in der Türkei.
Tendenziell fanden sich die kleinsten Klassen in jenen Staaten, welche keine offiziellen Empfehlungen zu einer Schüler*innenhöchstzahl hatten, wie Belgien, Dänemark, Lettland, Finnland oder Island. Die größten Klassen mit über 30 Schüler*innen ermittelte der Report hingegen in Staaten mit einer offiziellen Empfehlung zu Schüler*innenhöchstzahlen. Teilweise erhebliche Unterschiede bezüglich der Klassengrößen bestehen aber auch innerhalb einzelner Staaten. Dazu gehörte neben Österreich auch Estland und das Vereinigte Königreich (Schottland) mit Klassen zwischen 16 und 30 Schüler*innen wohingegen die ermittelten Klassenstärken in Dänemark, Slowenien oder Finnland deutlich homogener waren.
Von Inhomogenität zu einer Inhomogenität mit pädagogischem Konzept
Mit dem neuen Schulautonomie Paket wird es in Österreich zukünftig keine starren Ober- oder Untergrenzen für die Anzahl von Schüler*innen in einer Gruppe mehr geben. Die Lehrkräfte bekommen damit die Möglichkeit, die Gruppengrößen nach ihren pädagogischen Konzepten auszurichten. In einigen Fällen wird es durchaus sinnvoll sein, mit kleineren Gruppen zu arbeiten, in anderen wiederum machen größere Gruppen Sinn. In dieser Art von pädagogisch konzipierter Inhomogenität stecken Vorteile sowohl für Lehrer*innen, welche Gelerntes nun endlich in Umsetzung bringen können und nicht mehr an gesetzlichen Schranken scheitern, als auch für die Schüler*innen. Für diese bedeuten die neuen Lernsettings einen Zugewinn von Qualität ihrer Bildung und für die zu erreichenden Bildungsziele.