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Personalauswahl: Wie machen das eigentlich die Anderen?
Wenn wir uns den europäischen Kontinent mit seinen zahlreichen unterschiedlichen Bildungssystemen und den dazugehörigen Verwaltungsstrukturen genauer ansehen, so stellen wir fest, dass es unterschiedlichste Modelle hinsichtlich Schulautonomie gibt: So gibt es Staaten mit einer sehr ausgeprägten Schulautonomie, Staaten, die aufgrund unterschiedlich starker föderaler Strukturen sehr unterschiedlich ausgeprägte Autonomisierungsgrade innerhalb ihrer Länder aufweisen sowie jene Staaten, die eine ausgeprägte zentralstaatliche Steuerung bei Prozessen wie der Personalauswahl aufweisen.
In Europa finden wir grundsätzlich drei unterschiedliche Herangehensweisen, wie Schulen zu ihrem Lehrpersonal gelangen: Die offene Personalauswahl, wettbewerbsorientierte Eignungstests und Bewerber*innenlisten.
Offene Personalauswahl: Auswahl auf lokaler oder regionaler Ebene
Die häufigste Methode in Europa ist mit ca. zwei Dritteln der Staaten die offene Personalauswahl. Diese beinhaltet die eigenständige Ausschreibung offener Lehrstellen, die Möglichkeit bestimmte Lehrpersonen um Bewerbungen auf die konkrete Stelle zu ersuchen und letztendlich auch die eigenständige Auswahl der Lehrperson, welche am besten geeignet erscheint, das eigene Pädagog*innenteam am Standort zu verstärken. Der Prozess der offenen Personalauswahl findet zumeist auf der lokalen Ebene an den Schulen statt, selten jedoch auch unter weiterer Einbeziehung regionaler Behörden und impliziert des Weiteren eine weitgehende Unabhängigkeit von nationalen Behörden und Ministerien in Besetzungsverfahren. Jedoch bedeutet ein solches System nicht automatisch volle Autonomie für die Schulen in Sachen Personalauswahl. Einige Staaten regulieren den Prozess relativ stark, gerade in Bereichen wie Auswahlkriterien oder Prozessabläufe, andere Staaten gewähren hier mehr Freiheiten, die Abläufe und Kriterien selbst festzulegen.
Eine weitere Methode, welche in sieben europäischen Ländern angewandt wird, ist die Veranstaltung wettbewerbsorientierter Eignungstests welche durch die jeweiligen lokalen, regionalen oder auch durch die obersten Verwaltungsorgane durchgeführt werden. Üblicherweise haben Bewerber*innen dabei die Möglichkeit, Präferenzen bzgl. Regionen und/oder Schularten zu vergeben, die endgültige Entscheidung trifft jedoch die entsprechende lokale, regionale oder oberste Behörde. Einige Bildungssysteme mit dieser Auswahlmethodik garantieren den besten Kandidat*innen eine dauerhafte Anstellung, während die weiteren erfolgreich getesteten Kandidat*innen auf einer Liste entsprechend ihren Leistungen im Test gereiht werden, jedoch ohne eine Garantie auf eine Anstellung. In Spanien, Frankreich, Rumänien, Liechtenstein und der Türkei sind Eignungstests die einzige Methode, während in Italien und Griechenland zusätzlich zu den Testungen Kandidat*innen Listen für die Personalauswahl herangezogen werden.
Drei Hauptmethoden und vielfältige Varianten
Last but not least ist die Rekrutierungsmethode über Kandidat*innenlisten ohne Eignungstests zu erwähnen: Diese Methode der Personalauswahl findet sich in neun europäischen Staaten. In Deutschland, Zypern, Luxemburg Malta und Albanien stellen diese Listen die Hauptrekrutierungsmethode dar. Die Kandidat*innen bewerben sich in der Regel bei den obersten Schulverwaltungsbehörden, welche diese nach fix festgelegten Kriterien reiht und den Schulen zuteilt.
In den deutsch- und französischsprachigen Teilen Belgiens, Portugal oder eben auch in Österreich finden sich neben Kandidat*innenlisten auch Formen der offenen Personalauswahl. Da sich unsere Autonomiebotschafter und Expert*innen in ihren Beiträgen explizit der Situation in Österreich zuwenden, so möchte ich an dieser Stelle den Blick nach Belgien und Portugal richten um zu reflektieren, was gleich, ähnlich oder doch anders ist als bei uns in Österreich. In Belgien beziehen öffentliche Schulen ihre Lehrkräfte über besagte Listen, private Schulen können sich ihr Lehrpersonal selbstständig in einer offenen Personalauswahl auswählen. Auch in Portugal findet die Personalauswahl vorwiegend über Bewerber*innenlisten statt. Jedoch haben die Schulen die Möglichkeit im Rahmen der offenen Personalauswahl ihre Lehrkräfte selbstständig auszuwählen, sofern es sich nur um temporäre Anstellungen handelt oder die Schule eine Lehrkraft mit speziellen Kenntnissen oder Fähigkeiten benötigt und kein*e Kandidat*in diese erfüllt.
Wie wir sehen, gibt es in Europa 3 Hauptrekrutierungsmethoden. Dennoch gibt es ebenfalls so viele Spielarten wie europäische Staaten, die Personalauswahl mit diesen 3 Methoden auszugestalten. Nähere Informationen zu diesem und weiteren Themen rund um Lehrer*innenkarrieren finden Sie in: „Teaching Careers in Europe: Access, Progression and Support“.