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Elementarpädagogik-Ausbildung im Rahmen der Schulautonomie
Schlautonomiebotschafter Axel Zafoschnig im Gespräch mit Mag.a Marisa Krenn-Wache, M.A., Direktorin der BAFEP Klagenfurt.
Axel Zafoschnig (AZ): Frau Direktorin Krenn-Wache, Sie leiten die BAFEP Klagenfurt, eine Schule, die in der 5-jährigen berufsbildenden höheren Tagesform Schülerinnen und Schüler zur Reife- und Diplomprüfung führt, die aber in der Berufstätigenform auch Erwachsenen den Zugang zu Höherqualifikationen in der Elementarpädagogik ermöglicht. Wie bemerken Sie nach Einführung des Bildungsreformgesetzes und des Autonomiepakets an Ihrer Bildungseinrichtung, dass Sie eine autonome Schule leiten?
Marisa Krenn-Wache (MKW): Von der Schulautonomie bemerkt man bei uns heuer zunächst einmal, dass etwa die einzelnen Unterrichtsmodule für die Kolleg-Ausbildungen – für die im Übrigen eine hohe Nachfrage besteht – noch stärker als bisher auf die fachlichen und lernpsychologischen Anforderungen sowie auf die neuesten Erkenntnisse der Erwachsenenbildung abgestimmt worden sind. Im Schuljahr 2018/19 werden dazu in der 5-jährigen Tagesform viele Unterrichtsinhalte und Lerngebiete in Lehrer/innenteams fächerübergreifend und lernfeldorientiert erarbeitet und vermittelt. Wir müssen uns ja auch den neuen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung Ökologisierung oder Nachhaltigkeit, pädagogisch widmen.
Unsere großen Assets sind dabei aber unsere „Doppelstunden-Module“, die wir in intensiver Planungsarbeit entwickelt haben und die es uns ermöglichen, in einer Art flexiblem Blockunterricht die Lernpotenziale der Schüler/innen individualisiert und personalisiert bestmöglich zu entwickeln. Aus Sicht der Lehrenden kann so in enger Zusammenarbeit unterrichtet werden und die Leistungen sowie die Ergebnisse der Lernenden können in Teams sofort schüler/innenspezifisch evaluiert werden.
AZ: Als einzige BAFEP in Kärnten genießt Ihre Schule eine Unikatstellung in der Berufsbildung. Haben Sie schon früher von der Erstellung eigenständiger pädagogischer Konzepte und schulautonomer Maßnahmen Gebrauch gemacht, und wenn ja, in welcher Form?
MKW: Diese besondere Situation kommt vor allem der Bildungsqualität und den Berufschancen unserer Absolventinnen und Absolventen zugute. Autonome Maßnahmen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung beschäftigen uns schon seit vielen Jahren. Wir haben bereits im Schuljahr 2012/13 begonnen, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität, zum Beispiel in der Veränderung der Unterrichtsorganisation, zu setzen. Seit damals werden eben immer mehr Unterrichtsgegenstände (außer dem Instrumentalunterricht) in Doppelstunden oder in geblockter Form angeboten.
Die Vorteile für die Schüler/innen dabei sind, dass sie weniger Fächer an einem Unterrichtstag zu bewältigen haben und dass sie die intensivere Lernzeit nutzen können. Außerdem wird durch die Verdichtung des Stundenplans die Anpassung der Unterrichtsmethoden auf lernpsychologische und aktuelle bildungspolitische Forderungen leichter möglich.
Neben dem formalen Unterricht wird aber auch unsere Kindergarten- und Hortpraxis im Rahmen von ein- bis vierwöchigen Praktika absolviert. Darüber hinaus wurde im Stundenplan ein „Berufsspezifischer Tag“ pro Woche und Jahrgang festgelegt. So können themenspezifische und lernfeldorientierte Blockungen besser geplant und entsprechend unterrichtet werden. Die Rückmeldungen aus Schüler/innen- und Lehrer/innenkreisen zeigen mir, dass diese Formen der schulautonomen Unterrichtsorganisation sehr gut ankommen!
„Durch den hohen Stellenwert der Personal- und Sozialkompetenzen, sowie durch den relativ umfangreichen Unterricht in den musisch-kreativen Fächern, durch die Selbsterfahrung in der Praxis und durch die Anleitung zur Selbstreflexion wird die Persönlichkeitsbildung stark vorangetrieben.“
AZ: Ihre Schule gilt als Kompetenzzentrum für institutionelle und außerfamiliäre Erziehung und bildet Pädagog/innen aus, die laut Ihrem Leitbild „einfühlsam und phantasievoll“ mit Kindern arbeiten. Wie gelingt es Ihnen, dieses Ziel mit der Schulgemeinschaft zu erreichen und Ihre Rolle als besondere Bildungsinstitution in der Region zu stärken?
MKW: Hier könnte man mit dem Slogan “Freude an der Arbeit“ antworten. Wir freuen uns über ein gutes, freundliches und offenes Schulklima und über motivierte Lehrkräfte, die eine schüler/innenorientierte und wertschätzende Haltung zeigen. Das ist eine grundlegende Voraussetzung für das Wohlbefinden und für die Lernbereitschaft während der Ausbildung. Durch den hohen Stellenwert der Personal- und Sozialkompetenzen, sowie durch den relativ umfangreichen Unterricht in den musisch-kreativen Fächern, durch die Selbsterfahrung in der Praxis und durch die Anleitung zur Selbstreflexion wird die Persönlichkeitsbildung stark vorangetrieben. Aber auch durch die schulautonom angebotenen Lehrstoffinhalte, wie Kommunikationstraining oder Konfliktanalyse werden die EmpathiefähigkeitEmpathie Fähigkeit, die Selbstwahrnehmung und die individuelle Persönlichkeit der Schüler/innen bis zur Reife- und Diplomprüfung weiter entwickelt und gestärkt.
Da wir für das gesamte Bundesland ausbilden, wird auch die verpflichtende Kindergarten- und Hortpraxis in den entsprechenden Einrichtungen in ganz Kärnten durchgeführt. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit mit den Pädagog/innen und Verantwortungsträger/innen vor Ort erforderlich. Zur besseren Vernetzung und als Qualitätssicherungsmaßnahme bieten wir für diese Zielgruppe daher jährlich eine Praxisfachtagung zu aktuellen Themen und zum Austausch von Informationen an, die einen hohen Zuspruch findet. Aus den Gemeinden höre ich, dass wir sogar noch mehr solche Vernetzungstreffen durchführen sollten.
AZ: Ab diesem Schuljahr bieten sich Ihnen ja zahlreiche neue Freiräume und autonome Möglichkeiten, etwa bei den Klassen– und Gruppengrößen, bei der Flexibilisierung der 50-Minuten Stunde, bei Schulzeitbestimmungen sowie bei schulautonomen Lehrplanbestimmungen. Welche dieser Maßnahmen Sehen Sie als für Ihre Schule geeignet, und was wollen Sie umsetzen?
MKW: Unseren neuen pädagogischen Freiraum werden wir insofern nutzen, dass wir zunächst einmal die bewährte Lernfeldorientierung fortsetzen werden, das heißt,der Unterricht in Pädagogik, Didaktik, Praxis, Philosophie, Inklusiver Pädagogik, Organisation, Management und Recht sowie in Kommunikation und Gruppendynamik wird noch mehr klassen- und fächerübergreifend durchgeführt werden und wird als Schwerpunkt die offenen Lernformen, die die Selbsttätigkeit der Lernenden fördert, berücksichtigen. Dazu brauchen wir natürlich auch umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen für alle Lehrenden der Fächer Didaktik, Pädagogik und Praxis, wofür wir insgesamt 15 Fortbildungstage mit der Pädagogischen Hochschule Kärnten planen.
Schulautonom wollen wir auch verstärkt die professionelle sprachliche Bildungsarbeit forcieren, in der die zukünftigen Elementarpädagog/innen sich ihrer Rolle als Sprachvorbild bewusst werden sollen. Dabei soll im Rahmen der Sprachförderung auch auf die Wichtigkeit der Sprachentwicklung und des Sprachinteresses hingewiesen werden, damit dann auch die Transition, also der Übergang vom Kindergarten in die Volksschule erfolgreich gelingt.
Umsetzen wollen wir auch einen weiteren für Kärnten wichtigen schulautonomen Ausbildungsschwerpunkt, nämlich die Einführung einer Zusatzausbildung für die elementarpädagogische Arbeit in zweisprachigen Kinderbetreuungseinrichtungen mit Deutsch und Slowenisch in Kärnten. Durch die Implementierung eines immersiven Unterrichts in slowenischer Sprache in den Unterrichtsgegenständen ‚Pädagogik‘ und ‚Didaktik‘, einer verpflichtenden Praxis in zweisprachigen Einrichtungen und eines Praktikums in Slowenien werden zukünftige Pädagog/innen für die zweisprachige Arbeit in Kindergärten, Horten sowie der schulischen Nachmittagsbetreuung qualifiziert. Sie sehen, wir sind also bestens gerüstet für die leistungsfördernde, selbstbestimmte und zukunftsorientierte Schule!
AZ: Frau Direktorin Krenn-Wache, wie halten Sie Ihre Schule und Ihr Team auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse und der wissenschaftlichen Forschung in der Elementarpädagogik? Autonomie braucht ja vor allem Fachexpertise, Visionen und Missionen – aus welchen Quellen beziehen Sie Ihre methodisch-didaktischen und pädagogischen Tipps oder Ihre Best-Practice-Modelle für den Unterricht?
MKW: Als Schulleiterin unterstütze, fördere – und fordere ich, wenn notwendig – grundsätzlich jegliche fachspezifische Fort- und Weiterbildung für alle Fachgruppen. Wie bereits erwähnt, wird in diesem Schuljahr ein sehr umfangreiches Weiterbildungspaket angeboten, das ich in Wahrnehmung meiner Verpflichtung zur Personalentwicklung initiiert habe. Dabei wird insgesamt drei großen Fachgruppen die Teilnahme an den Seminaren organisatorisch ermöglicht. Darüber hinaus wird den Lehrenden auch immer wieder die Lektüre von aktueller Fachliteratur, die Teilnahme an fachspezifischen nationalen und internationalen Veranstaltungen sowie die aktive Mitarbeit in diversen Projekten als Inspirations- und Motivationsquelle empfohlen.
Ich bin außerdem als BAFEP-Vertreterin für das BMBWF auch häufig in internationalen Fachgremien der Elementarpädagogik, auch bei der OECD, unterwegs und bekomme so die neuesten Informationen über aktuelle Entwicklungen des Fachgebietes. Über diese neuen Erkenntnisse berichte ich dann meinem Lehrkörper, und danach versuche ich, für unsere Schule sinnvolle Maßnahmen adäquat umzusetzen. Daher sehe ich der Umsetzung des Autonomiepakets mit großem Optimismus entgegen!
AZ: Ich danke Ihnen für das interessante Gespräch.
