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Einfach nachgefragt: Ein Hochschullehrgang auf dem Prüfstand
Andreas Schnider im Interview mit Petra Heißenberger und Julia Niederfriniger, als wissenschaftliche Leiterinnen und Lehrgangsleiterinnen des Hochschullehrganges mit Masterabschluss „Schulmanagement: Professionell führen – nachhaltig entwickeln“ und mit zwei Studierenden dieses Hochschullehrganges mit Masterabschluss, Frau Volksschuldirektorin Beatrix Hengstberger und Frau Kerry Smith als Direktorin einer PTS und NMS.
Schnider: Welche Potentiale weist der Hochschullehrgang mit Masterabschluss „Schulmanagement: Professionell führen – nachhaltig entwickeln“ auf, um die Studierenden auf die neue Aufgabe „Umsetzung der Schulautonomie“ professionell vorzubereiten?
Heißenberger/Niederfriniger (Lehrgangsteam): Durch Kennenlernen von Führungstheorien erhalten die Studierenden neue Sichtweisen auf Systeme und das Initiieren von Veränderungen. Sie werden in den Lehrveranstaltungen angeleitet, theoretische Konzepte auf den eigenen Schulstandort umzulegen, datenbasiert zu agieren und ihr Handeln daten- und theoriebasiert zu reflektieren. Die Studierenden erleben sich durch dieses Vorgehen quasi als autonom – sie werden nicht mehr durch subjektive Theorien geleitet, sondern können ihr Handeln auf Evidenzen stützen.
Hengstberger (Studierende):Zum Bereich Personalentwicklung erhalten wir als Studierende des Hochschullehrganges das Rüstzeug, um künftig die Möglichkeiten des Autonomiepakets hinsichtlich der Auswahl des Personals erfolgreich umsetzen zu können, sei es durch das professionelle Führen von Bewerbungsgesprächen oder auch im Rahmen der Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern in Bezug auf deren Potentiale, die sich auf etwaige schulautonome Schwerpunktsetzungen qualitätssteigernd auswirken können. Auch im Bereich der Schärfung des Schulleiterprofils bietet der Hochschullehrgang mit Masterabschluss großes Potential, da im Rahmen der einzelnen Lehrveranstaltungsblöcke nahezu alle Bereiche abgedeckt werden, die eine Schulleitung zu erfüllen hat. Der Bogen spannt sich vom Zeit- über Konfliktmanagement bis hin zur Personalentwicklung. So wird Schulleiterinnen und Schulleitern eine effiziente Orientierung angeboten, um Ansprüche und Erwartungen bereits im Vorfeld zu definieren. Die Erstellung und Umsetzung von Unterrichtskonzepten, die eine Abweichung von einer starren 50-Minuten-Unterrichtseinheit mit sich bringen, fordert Schulleiterinnen und Schulleiter auch hinsichtlich ihres organisatorischen und administrativen Geschicks. Wichtig bei diesem Prozess wird auch sein, einen roten Faden zu legen und den Blick auf die Gesamtheit auch im Sinne der Nachhaltigkeit zu schärfen, müssen doch unterschiedliche Perspektiven Berücksichtigung finden. Der Hochschullehrgang mit Masterabschluss sensibilisiert Studierende in diesen Bereichen; die Literaturempfehlungen von Vortragenden erweisen sich als hilfreich.
„Autonomie bewegt sich innerhalb eines Gestaltungsrahmens der gesetzlichen Rahmenbedingungen: Die Lehrveranstaltungen schärfen den Blick auch auf jene rechtlichen Grundlagen, die eine Schulleiterin/einen Schulleiter stets begleiten.“
Smith (Studierende): Erwartet uns durch das Autonomiepaket der Bildungsreform 2017 die große Freiheit in der Schule? Was bedeutet Schulautonomie je nach Kontext und Intention überhaupt? Auf die Auseinandersetzung mit diesen Fragen wird unter anderem im Hochschullehrgang mit Masterabschluss eingegangen. Den Studierenden wird veranschaulicht, dass Schulautonomie weitaus mehr als Veränderung der Unterrichtszeit oder Festsetzen der Klassenschülerhöchstzahlen bedeutet. Es geht vielmehr um eine Vielzahl von schulischen Gestaltungsmöglichkeiten: personelle, finanzielle, organisatorische oder pädagogische Maßnahmen, die eine Schule autonom definieren kann. Autonomie bewegt sich innerhalb eines Gestaltungsrahmens der gesetzlichen Rahmenbedingungen: Die Lehrveranstaltungen schärfen den Blick auch auf jene rechtlichen Grundlagen, die eine Schulleiterin/einen Schulleiter stets begleiten. Vertiefend werden Änderungen und Aspekte von Bundesverfassungsgesetz, Schulorganisationsgesetz, Schulzeitgesetz und Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz besprochen und bearbeitet. Herausforderungen und neue Möglichkeiten, welche die Schule in Zukunft durch die erweiterte Schulautonomie treffen könnten, werden zur Diskussion gestellt. Begleitende Fortbildungsveranstaltungen eröffneten weitere Einblicke und Möglichkeiten in das vergrößerte Spielfeld der Schule im Rahmen der Autonomie.
Schnider: In welchen Bereichen hätte der Hochschullehrgang Entwicklungspotential, um der autonomen Schule noch gerechter zu werden?
Heißenberger/Niederfriniger (Lehrgangsteam): Im Hochschullehrgang präsentieren wir den Studierenden aktuelle Theorien und Forschungsergebnisse im Zusammenhang mit Handlungsfeldern von Schulleitung. Da die Studierenden in Bezug auf Schularten, Alter, Vorwissen, Berufserfahrung, Zugang zum wissenschaftlichen Arbeiten heterogene Vorkenntnisse haben, sehen wir die Herausforderung u.a. darin, allen Studierenden in ihrem autonomen Handeln an den einzelnen Schulstandorten gerecht zu werden. Hier sind sowohl die Lehrenden als auch das Hochschullehrgangsteam gefragt, mehr Autonomie in der Lehre zuzulassen, als auch die Studierenden selbst, Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess zu übernehmen.
Hengstberger (Studierende):Ich denke, dass die wahren Möglichkeiten des Autonomiepaketes so umfangreich sind, dass derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden kann, was genau da auf Schulleitungen zukommen wird. Wünschenswert wäre ein verstärkter Fokus auf bevorstehende Szenarien aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Wie wird „Get Your Teacher“ funktionieren und welcher Plan B tritt in Kraft, wenn das Interesse an Schulstandorten (beispielsweise aufgrund ihrer dezentralen Lage) gering ist und der Pool der Bewerberinnen und Bewerber leer bleibt? Welche Maßnahmen/Änderungen kommen aus schulrechtlicher Sicht auf Schulleitungen zu? Und abschließend sei noch eine kritische Frage erlaubt: Wie groß wird der Spielraum von Schulleitungen zukünftig sein? Und wird er groß genug sein, um wirklich schulautonom im Hinblick auf Schulqualität tätig sein zu können? Mein Slogan ist: Weg vom Verwalten hin zum Gestalten! Aus meiner persönlichen Sicht (ernannte Schulleiterin seit 20 Jahren, betraut mit zwei weiteren Leitungen seit neun bzw. fünf Jahren) wurde der Rahmen der Möglichkeiten in den letzten Jahren eher enger gesteckt. So darf man gespannt sein, welches praxistaugliche Potential das neue Autonomiepaket mit sich bringen wird!
Smith (Studierende): Noch mehr Best-Practice-Beispiele von Umsetzungen an Schulen hätte ich als Studierende begrüßt, gehe aber trotzdem, durch die angebotenen Lehrveranstaltungen im Rahmen des Hochschullehrganges mit Masterabschluss gestärkt, in die schulautonome Schulentwicklung.
Schnider: Danke für das Interview!
Anmerkung der Redaktion: Ab 1.1. 2023 haben Bewerber/innen für eine Schulleitungsfunktion eine mindestens fünfjährige erfolgreiche Lehrpraxis an einer Schule oder mehreren Schulen, deren Schulart im Schulorganisationsgesetz – SchOG, BGBl. Nr.242/1962, im Bundessportakademiengesetz, BGBl. Nr. 140/1974, oder im Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz, BGBl. Nr. 175/1966, geregelt ist, oder einer vergleichbaren Schule in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft aufzuweisen sowie den ersten Teil (20 ECTS) des Hochschullehrganges „Schulen professionell führen“ oder eine inhaltlich gleichwertige Ausbildung erfolgreich absolviert haben.