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Epochaler Unterricht: Differenzierung und Individualisierung durch Schulautonomie an der NMS Mautern
Andrea Nuncic, BEd, Direktorin der Neuen Musikschule Mautern, über die Möglichkeiten des Autonomiepakets, die Einteilung des Unterrichtsjahres in Epochen und Bedingungen für erfolgreiche Schulentwicklung.
Geschätzte Frau Dir.in Nuncic, als Sie zum ersten Mal von der Möglichkeit erfahren haben, Ihre Schule nach den vorgegebenen Rahmenbedingungen des Autonomiepaketes, den standortbezogenen Gegebenheiten und Ihren Vorstellungen entsprechend umgestalten zu dürfen – wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Die NMS Mautern wird seit dem Schuljahr 2013/14 als Neue Mittelschule geführt. Da hat die pädagogische Umgestaltung bereits angefangen. Um allerdings der Differenzierung und Individualisierung gerecht zu werden, waren einige gesetzliche Rahmenbedingen der damaligen Zeit doch sehr hinderlich. Die 50-Minuten-Einheiten und auch die Einstellung einiger Kolleg/innen zu neuen Lehr- und Lernformen standen da ganz vorne. Daher waren mein Team und ich sehr froh, einige dieser Einschränkungen los zu werden. Wir arbeiten heute in 90-Minuten-Blöcken, da diese für offene Lernformen in einer vorbereiteten Lernumgebung von großem Vorteil sind. Auch die Auswahl von neuen Kolleg/innen erwies sich als positiv.
Sie haben also die Möglichkeit der autonomen Gestaltungsfreiheit bereits im laufenden Schuljahr wahrgenommen. Wie sind Sie dabei vorgegangen, wann haben Sie sich über das Autonomiepaket informiert und wen haben Sie für die Planung Ihres neuen Konzeptes zu Rate gezogen?
Mit der Ideensammlung und den Planungen haben wir bereits im Schuljahr 2017/18 begonnen. Sobald wir die Chance bekamen, einige Punkte autonom zu gestalten, haben wir uns über die Details laufend auf der Homepage des Bundesministeriums und des Landesschulrates für Steiermark informiert, um zu erfahren, was im gesetzlichen Rahmen möglich ist bzw. sein wird. Die geplanten Änderungen am Schulstandort habe ich zuerst mit meinem Schulentwicklungsteam diskutiert und entwickelt, danach wurden die Änderungen dem gesamten Kollegium vorgestellt. Nach eingehender Diskussion stimmten wir über die geplanten Änderungen ab. In der Umsetzung wurden die Lehrer/innen von mir immer wieder ermutigt und unterstützt.
Im Anschluss daran habe ich meinen Pflichtschulinspektor informiert.
Würden Sie Ihr Konzept kurz beschreiben? Was wurde in diesem Schuljahr autonom verändert und wozu?
Das Lehren und Lernen an der NMS Mautern erfolgt immer ganzheitlich, das bedeutet, dass wir jedes Kind in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen. Verantwortliche Schulstufenteams planen, entwickeln und begleiten die Schülerinnen und Schüler. Wir haben das Schuljahr thematisch und zeitlich in Epochen eingeteilt. Eine Epoche ist 5 bis 6 Wochen lang und hat ein übergeordnetes Thema, das in allen Unterrichtsgegenständen, teilweise fächerübergreifend, behandelt wird. So wollen wir dem „Schubladendenken“ entgegenwirken. Die Kinder erhalten am Beginn jeder Epoche die gesammelten Aufgabenstellungen in Form von Ziele-Mindmaps, die neuen Inhalte werden dann teilweise im Klassenverband, teilweise in der Schulstufe – die aus 2 Klassen besteht – vom Lehrer/innenteam vorgestellt und besprochen. Die Aufgaben sind nach Komplexitätsgraden gestaffelt, die Kinder wissen von Beginn an genau, was sie erreichen müssen und wollen. Während einer Epoche haben die Schüler/innen die Möglichkeit, sich sogenannten Lernbeweisen zu stellen und bekommen dadurch die Rückmeldung, ob sie ihr Lernziel erreicht haben.
Der Vorteil dieser Lehr- und Lernmethode ist es, dass hier wirklich Differenzierung und Individualisierung erfolgen kann. Wenn eine Gruppe von Schüler/innen bei einem neuen Inhalt Schwierigkeiten hat, ist genug Zeit vorhanden, um diese Gruppe zu unterstützen, während leistungsstärkere Schüler/innen nicht aufgehalten sind und weiterarbeiten können.
Dazu war die Änderung der Unterrichtszeit von 50- auf 90-Minuten-Sequenzen von Vorteil, da auch großteils mit vorbereiteten Lernumgebungen gearbeitet wird. Die 90-Minuten-Blöcke sind immer durch längere Pausen von 15 bzw. 30 Minuten unterbrochen. Eine individuelle Pause wird den Kindern allerdings immer ermöglicht.
Unsere Schüler/innen starten täglich mit einer 30-minütigen Lern- und Fördereinheit in den Schultag. Sie werden in dieser Zeit immer von einem/r Lehrer/in begleitet und haben die Möglichkeit, offene Fragen bei Hausübungen zu bearbeiten, Referate auszuarbeiten oder im Internet zu recherchieren.
Welche Bedigungen würden Sie hinsichtlich einer erfolgreichen Umsetzung schulautonomer Konzepte in den Fokus stellen wollen?
Drei Faktoren möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben:
Die Entscheidungsfindung muss gemeinsam mit dem Kollegium passieren. Dieses sollte sich unbedingt zu der Entscheidung und den geplanten Änderungen bekennen soll, damit die Umsetzung nicht scheitert.
Nicht alle Änderungen sollten gleichzeitig eingeführt werden, da es sonst zur Überforderung einiger Lehrer/innen kommen kann, die sich wiederum negativ auf die Arbeit mit den Schüler/innen auswirken kann.
Die Eltern müssen laufend über die Vorhaben informiert und mit „ins Boot“ geholt werden.
Haben Sie noch Wünsche oder Anregungen bezüglich des Autonomiepaketes?
Großteils sind wir am Standort mit den Neuerungen zufrieden. Die Bestimmungen zur Personalauswahl müssten aus meiner Sicht allerdings noch erweitert werden. Diese sollten sich nicht nur auf Neuanstellungen begrenzen, sondern auch in anderen Bereichen eines Dienstverhältnisses flexiblere Lösungen für Schulleitungen ermöglichen.