Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
Ich leite eine Bildungsregion – Chronologie einer freundlichen Übernahme
Das Prinzip ist immer dasselbe: Die EU ist stolz auf ihre rund 330 Regionen, der Tourismus schwört auf grenzüberschreitende Themenregionen, und weltweit erfolgreich tätige Unternehmen setzen auf eigenverantwortlich agierende Regionalleitungen in Vertrieb und Administration. Es muss also Vorteile mit sich bringen, wenn man in Regionen denkt und lenkt!
Generell stellt eine Region ein einheitliches geographisches, wirtschaftliches, aber auch bildungsbezogenes Gebiet oder einen abgesteckten räumlichen Bereich dar, innerhalb dessen Prozesse politisch, ökonomisch und administrativ abgewickelt und optimiert werden. Regionen fördern also das gemeinsame Auftreten, aber auch das gemeinsames Handeln und die gemeinsame Verantwortung innerhalb dieses Verwaltungsbereiches.
Trend: Regionalisierung
Von diesen Prämissen ist auch die Effizienz eines Bildungssystems und seiner Bildungseinrichtungen in der Region abhängig. Demgemäß müsste das Prinzip der Regionalisierung bei entsprechend sorgfältiger und wirkungsvoller Steuerung und Umsetzung auch in den 31 neuen Bildungsregionen des österreichischen Bildungssystems ähnlich erfolgreich funktionieren.
Aber was ist eigentlich eine Bildungsregion und wie kann sie sich als Bildungsstandort attraktiv für alle in ihr wohnenden Menschen positionieren? Spannende Fragen, die nach dem Versuch einer Antwort verlangen.
Der bildungspolitische Auftrag für jede österreichische Bildungsregion sieht vor, dass dort regionale Konzepte und Maßnahmen entwickelt und implementiert werden, die eine Verbesserung der Bildungsqualität und eine Erhöhung der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit mit sich bringen. Das bedeutet zunächst, dass alle Akteure des Bildungsbereiches in der Region sich kennen und einander vertrauen müssen. Die mit dem Ressort Bildung befassten Politiker/innen, die Beamt/innen der Schulverwaltung, vor allem aber die Schulpraktiker/innen – Schulleitungen und Lehrkräfte – müssen ein aktives Netzwerk bilden, das das jeweilige Bildungsangebot in der Region für alle zu Bildenden zwischen 3 und 33 steuert und auf die Bedürfnisse aller Menschen im jeweiligen Landesteil abstimmt.
Zusammenarbeit im Fokus
Diese Übernahme von Bildungsverantwortung für die Region, die einerseits durch den Bund und andererseits durch das Land mit unterstützt wird, muss allerdings – ähnlich einem Raumordnungskonzept – von professioneller Zusammenarbeit aller Beteiligten geprägt sein. Denn erst durch die Förderung dieser Zusammenarbeit aller Schulen in der Region sowie durch deren Zusammenarbeit mit den außerschulischen Einrichtungen in ihrem Einflussbereich können mit Hilfe der Bildungsverwaltung pädagogische Ziele und Schwerpunkte erst erreicht oder spezielle regionale Bedarfe erst gedeckt werden.
Mit ihrem Bildungsangebot soll die Region diesbezüglich die bestmögliche Nutzung des Lebensraums für die in ihr heimischen Menschen gewährleisten. Als Leitvorstellung dienen dabei eine nachhaltige Bildungsplanung und -entwicklung, die stets auch die Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität im Auge hat. Die Bildungseinrichtungen können so zu Herzschrittmachern der Region werden!
Was heißt das aber konkret für ein Bundesland wie Kärnten?
In Kärnten gibt es nun die 2 Bildungsregionen Ost (195 Schulen) und West (166 Schulen) mit rund 34.000 Schüler/innen im Osten und circa 28.000 Schüler/innen im Westen.
Für die Umsetzung bedeutet dies zunächst, dass unter der pädagogischen Leitung 2 Abteilungsleiter/innen betraut worden sind, die mit einem Team von je 3 SQM, mit der Abteilung Minderheitenschulwesen, mit dem Fachbereich Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik, sowie mit dem Bildungscontrolling und den Fachstäben Bildungsreform, Digitalisierung und Internationale Angelegenheiten, die Steuerung aller pädagogischen Maßnahmen in ihrer Region wahrzunehmen haben.
Gleichzeitig haben die Abteilungsleitungen auch auf die schulische und unterrichtliche Qualitätsentwicklung in ihrer Bildungsregion zu achten. Dabei soll ein aus den Qualitätsmanagementsystemen QIBB und SQA abgeleiteter gemeinsamer Qualitätsrahmen Hilfestellung und Orientierung für passende zukünftige Strategien leisten. Die Qualitätsarbeit an den Schulen wurde ja auch bislang bereits dafür genutzt, Verbesserungsmaßnahmen zu planen, durchzuführen, zu evaluieren und zu adaptieren. Über Selbstreflexion und kritische Analysen der schulischen Leistungen, der Prüfungs- und Testergebnisse, sowie des Schulklimas und des schulischen Lebens konnten auch – zwar meist noch informelle – Vergleiche zwischen Schulen gezogen werden und somit Standortbestimmungen durchgeführt werden.
Datenbasierte Weiterentwicklung
Diese Vorgehensweise wird nun – unterstützt durch das BMBWF – noch wichtiger und relevanter, um Schulen tatsächlich in Bezug auf ihren Output, aber vor allem im Hinblick auf zukünftige Stärken und Entwicklungspotenziale, zu beurteilen und zu bewerten. Auch genau erhobene statistische Daten, die mit spezifischen Erhebungsinstrumenten gesammelt werden, spielen dabei eine wichtige Rolle. Allerdings wird jede Region auch eine einheitlich einsetzbare Schüler/innen-Verwaltungssoftware benötigen, die es nach den Bestimmungen der DSGVO zu nutzen gilt. Grundsätzlich werden die einzelnen Schullaufbahnen im Idealfall auch datenbankmäßig zu begleiten sein.
Auf diesen ermittelten Zahlen, Fakten und Evidenzen aufbauend, können die Regionen ihre Reformen und Entwicklungsvorhaben realisieren und mit ihren Teams auch effiziente und effektive Bildungsverwaltung betreiben. Natürlich kommt auch der direkten Kommunikation mit den Praktiker/innen vor Ort, mit den externen Partnern in der Region, aber auch mit den nicht unterrichtenden Schulpartnern, mit den Eltern sowie mit den schulischen Aufnahmewerber/innen, große Bedeutung zu.
Gute Praxis soll dabei in der Region bekannt werden: Schulen, an denen erfolgreich Personalmanagement- und Personalentwicklungsmaßnahmen umgesetzt werden, sollen vor den Vorhang geholt werden. Schulen, die beispielgebend in Inklusion und Diversität agieren, sollen Vorbildwirkung auf andere Schulen ausüben, und Schulen, dies sich in Verbünden oder Clustern erfolgreich zusammengeschlossen haben, sollen diesbezüglich andere Schulen ermutigen.
Im Sinne der gelebten Schulautonomie wird aber auch der Kontrolle der autonomen Maßnahmen eine wichtige Rolle zukommen und neu eingezogene Hierarchien werden in den Bereichen Fach- und Dienstaufsicht zum Wohle aller Akteure in der Region einzuhalten sein.
Autonomie in der Bildungsregion
Auch als Leiter einer Bildungsregion unterliegt man in der neuen Struktur natürlich programmatischen Vorgaben, die den Leitsatz der „besten Bildung und Chancengleichheit für alle“ zur Maxime erheben. Das ist aber auch gut so, denn – im Gegensatz zu den früheren, individuell und zu schulartenspezifisch angelegten Tätigkeitsprofilen der Schulaufsicht – sind nun Bildungsregionalisierung und lokale Strategiebildung zusammen mit der schulautonomen Freiräumen die neuen sinnstiftenden Kernaufgaben geworden.
Was nun wirklich zählt und was die neuen Schulqualitätsmanager/innen im Rahmen von Transferinitiativen umzusetzen haben, ist die Bildungsbiographie der Einzelnen/des Einzelnen in der Region erfolgreich zu gestalten: Das heißt, es besteht für alle am Bildungssteuerungs- und Bildungsverwaltungsprozess in der Region Beteiligten die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Menschen in der jeweiligen Bildungsregion von Geburt an betreuungs- und ausbildungsmäßig bestmöglich unterstützt werden. Das schließt mit ein, dass Übergänge von der Elementarpädagogik hin zur Volksschule, danach weiter zur Sekundarstufe I, und zu passenden weiteren formalen Abschlüssen wirkungsvoll und personalisiert begleitet werden, dass der Berufseinstieg, aber auch die tertiäre Bildung, mitgedacht werden müssen, und dass den Menschen in der Region – ohne Ausnahme – die von ihnen benötigten Lebens- und Berufsbewältigungskompetenzen vermittelt werden.
Herausfordernd? Ja. Aber es lohnt sich!
Die Leitung und Ausgestaltung einer Bildungsregion ist also eine herausfordernde Aufgabe, sie kann aber auch sehr lohnend sein, wenn es gelingt, die auszubildenden Menschen in der Region zu halten, die Abwanderung aus Bildungsgründen zu verhindern, und den Fachkräftenachwuchs für den Arbeitsmarkt in der Region zu sichern.
Die regionale Bildungslandschaft kann daher durchaus ein Erfolgsmodell werden und die Region als Bildungsterritorium kann auch durchwegs Vorteile mit sich bringen, denn mit den richtigen Methoden der Planung und Steuerung kann das Motto gelebt werden: „Bildung bedeutet Erfolg, Erfolg bedeutet Bildung“. So kann Bildung sich zum echten Aufstiegsvehikel für alle Menschen in der Region entwickeln.
Die nunmehr neue Aufteilung der österreichischen Schullandschaft in Bildungsregionen kann also auf Basis der vorhin erwähnten Gelingensbedingungen durchaus mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit für alle bringen, wenn Regionen sich trotz gemeinsamer übergeordneter gesetzlicher Rahmenbedingungen ihrer Alleinstellungsmerkmale bewusst werden und diese zum Vorteil ihrer Schulpartner entsprechend nutzen. Dabei soll die aktive und erfolgreiche Begleitung aller Kinder und Jugendlichen vor Ort auf ihren Bildungs- und Berufswegen die wichtigste Aufgabe aller Verantwortlichen in der Bildungsregion sein!