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Erster Erfahrungsbericht zum neuen Schulleiter/innen-Auswahlverfahren
Wenn altbewährte Personalauswahlprozesse zu sehr in die Jahre gekommen sind, das heißt, wenn die Kriterien und Bewerbungsvoraussetzungen, aber auch die Zusammensetzung der Kommission, die inhaltlichen und thematischen Aufgabenstellungen, sowie die Abläufe schon über längere Zeit einer gewissen Kritik ausgesetzt sind, besteht Handlungsbedarf. Wenn nämlich alle die damit verbundenen Abläufe zur Routine werden und wesentliche Inhalte allgemein bekannt geworden sind, kommen dem Auswahlprozess wesentliche Spannungselemente abhanden, die auch wichtige Entscheidungen beeinflussen können.
Dann ist es unbedingt an der Zeit, nach einer entsprechenden Reflexionsphase neue Modelle auszuarbeiten, die eine zeitgemäße Führungskräfteauswahl gewährleisten und die erforderliche Fairness und Transparenz garantieren. Mit der Einführung des Bildungsreformgesetzes bot sich nun die Chance, das Auswahlverfahren nach den Anforderungen eines modernen Human-Resources-Managements neu aufzusetzen und so zu gestalten, dass es den Anforderungen einer wirkungsvollen Personalentwicklung entspricht.
In den zahlreichen unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Bundesländern fehlte zuletzt die Einheitlichkeit der Abwicklung aber zum Teil auch die Akzeptanz der Ergebnisse, sodass häufig Verfahren ausgesetzt wurden oder auf die Behelfslösung provisorischer Schulleiterbestellungen zurückgegriffen wurde.
Da diese eher unbefriedigende Schulleitungsbestellungssituation nicht unbedingt den Prinzipien einer erfolgreichen und wirkungsorientierten Bildungsverwaltung entsprach, musste ein neues System geschaffen werden, das allen Ansprüchen gerecht werden kann. Dies geschieht nun durch die Einbeziehung eines externen Personalberatungsunternehmens, das im Rahmen eines lange geforderten Assessment Centers die Stärken und Schwächen der Bewerber/innen analysiert und ein diagnostisches Bewertungsergebnis der jeweiligen Persönlichkeit sowie deren/dessen Eignung als Schulleiterin/Schulleiter feststellt.
Vom novellierten Gesetz zur Auswahlpraxis
Gemäß den novellierten gesetzlichen Bestimmungen, müssen dafür allerdings umfangreiche Vorbereitungsarbeiten durchgeführt werden. Nach einigen bereits erfolgten Verfahren in Kärnten (von denen derzeit aufgrund der längeren Fristen aber noch keines abgeschlossen ist) kann rückblickend aufgezeigt werden, dass zunächst – wie bisher – die Ausschreibung für die jeweilige Schulleitungsstelle stattfinden muss. Die Bewerbungen müssen dann von einer Begutachtungskommission auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft und für korrekt befunden werden.
Diese Kommission besteht aus der/dem Vorsitzenden, dem/der Bildungsdirektor/in, der/die aber eine/n Vorsitzende/n seiner/ihrer Wahl bestimmen kann, aus einem vom Bildungsdirektor bzw. von der Bildungsdirektorin bestimmten Schulaufsichtsorgan, sowie aus Vertreter/innen von Gewerkschaft und Zentralausschuss. Diese vier Kommissionsmitglieder besitzen das Stimmrecht bei der Schulleitungsauswahl und werden von weiteren beratenden Vertreter/innen, nämlich einer zuständigen Person für die Gleichbehandlung, einer Vertretung des Schulerhalters, einer Vertretung des Schulgemeinschaftsausschusses, beziehungsweise des Schulforums (gegebenenfalls auch einer Vertretung der Schüler/innen) sowie einer Vertretung der Personalberatungsfirma, welche das Assessment Center durchführt aber auch einem Protokollführer/einer Protokollführerin unterstützt. Ein Novum ergibt sich zusätzlich bei Schulen im Minderheitenschulwesen, bei denen ein/e weitere/r Vertreter/in mit beratender Stimme vom Bildungsdirektor bzw. der Bildungsdirektorin bestimmt wird.
Die Bewerber/innen, das Assessment Center und das Hearing
Nach der Sichtung der Unterlagen werden die Bewerber/innen im Assessment Center auf ihre Führungsqualitäten hin getestet und vom Personalberatungsunternehmen schriftlich in Bezug auf ihre einschlägigen Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten beurteilt. Diese schriftlichen Beurteilungsbögen, die Bewertungen nach dem Schulnotenprinzip vornehmen, stehen dann den Mitgliedern der Begutachtungskommission im nachfolgenden Hearing zur Verfügung.
Im Hearing selbst bekommen die Bewerber/innen dann die Möglichkeit, in einem strukturierten Gespräch ihre Biografie, ihre Vorstellungen von Schulleitung, sowie ihre Vision der Führung einer Bildungsinstitution, der Führung von Menschen, sowie der Führung von sich selbst, detailliert darzulegen. Es besteht für die Bewerber/innen dabei auch die Möglichkeit, unterstützend ein Handout an die Kommissionsmitglieder auszuteilen.
Nach den Hearings entscheiden die vier mit Stimmrecht versehenen Mitglieder der Begutachtungskommission über das Ausmaß der Eignung der jeweiligen Bewerberin/des jeweiligen Bewerbers. Im Anschluss wird von der/dem Vorsitzenden der Begutachtungskommission ein Gutachten erstellt, das gemeinsam mit allen weiteren Unterlagen der/dem Bildungsreferenten des Landes zur endgültigen Bestellung vorgelegt wird. Daraus soll schließlich hervorgehen, ob eine Bewerberin/ein Bewerber „in höchstem Ausmaß“, „in hohem Ausmaß“ oder „in geringem Ausmaß“ geeignet ist. Die Niederschrift dieser Vorgehensweise, sowie das daraus erstellte Gutachten, müssen innerhalb von drei Monaten von der/dem Vorsitzenden der Begutachtungskommission finalisiert der jeweiligen Bildungsreferentin/dem jeweiligen Bildungsreferenten vorgelegt werden, sodass eine endgültige Bestellung im Anschluss daran erfolgen kann.
Was das Gesetz in seinen Bestimmungen zum Auswahlverfahren, beziehungsweise zu dessen einzelnen Schritten sagt, kann im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz LDG 1984 in den §§ 26 ff. und in der „Geschäftsordnung der Begutachtungskommission für leitende Funktionen im Schuldienst“ (BGBl. II Nr. 72/2019) – etwa zur Beurteilung der Führungs- und Managementkompetenzen oder zur Überprüfung der Eignung der Bewerber/innen für die angestrebte Position – detailliert nachgelesen werden.
Was sagen die Betroffenen ?
Sie wird aber wahrscheinlich eher interessieren, wie ein solches Hearing aus den unterschiedlichen Perspektiven aussieht und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. Nun, aus Sicht eines Kommissionsmitglieds ist zunächst einmal festzustellen, dass Schulleitungspositionen – entgegen manchen Meinungen – nach wie vor als sehr attraktiv angesehen werden und es genügend Bewerbungen, wenn auch keinen Bewerbungsansturm, gibt.
Angehende Schulleiter/innen gehen auch sehr professionell an die Vorbereitung der Bewerbungsunterlagen und an die ausgelagerte diagnostische Eignungsüberprüfung sowie an die computerunterstützte Potenzialanalyse, die das Personalberatungsunternehmen mit ihnen durchführt, heran. Das merkt man an den Ergebnissen in den Auswertungsbögen, in denen bestens aufbereitet rückgemeldet wird, inwieweit die Bewerber/innen die wesentlichen Kriterien wie soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Organisationsfähigkeit oder Personalführung, aber auch Controlling und Motivation – also die wichtigsten Leitungs- und Führungseigenschaften – erfüllen.
Auch die Hearings selbst werden von den Bewerber/inne/n sehr ernst genommen und zeichnen sich durch die hohe Professionalität in der Präsentation der eigenen Persönlichkeit sowie der Leitungs- und Entwicklungskonzepte der Kandidat/innen aus.
Natürlich müssen sich auch die neu zusammengestellten Kommissionen erst in ihrer Rolle und Funktion konsolidieren. Nach ersten Erkenntnissen ist den Kommissionsmitgliedern jedoch durchwegs zu bescheinigen, dass sie sich der hohen Verantwortung ihrer Tätigkeit durchwegs bewusst sind und sachlich begründete Entscheidungsfindungen treffen. Sie nehmen dabei sehr qualifiziert ihre Aufgabe wahr, jeder Bewerberin/jedem Bewerber zusätzliche Fragen aus ihrem Spezialgebiet als Bildungsfachkräfte zu stellen, um die Antworten dann entsprechend bewerten zu können.
Als äußerst wertvoll und spannend sind in diesem Zusammenhang natürlich auch die Feedbacks der Kandidat/innen zu den Hearings zu sehen, da sie als unmittelbar Betroffene am ehesten befugt sind, festzustellen, wie qualitätsvoll die Schulleiter/innenauswahlverfahren tatsächlich sind. Eine Bewerberin hat sich diesbezüglich zum Beispiel gewundert, dass die Mienen der Kommissionsmitglieder eher als undurchschaubar und als pokerface-ähnlich erschienen. Erfahrene Kolleg/innen mussten auch erst mit der Situation umgehen lernen, dass sie nicht sofort eine Rückmeldung über eine allfällige Reihung bekamen, wie das bei Vorgängerverfahren der Fall war. Dennoch gab es bislang kaum negative Rückmeldungen zum Verfahren – wohl auch, weil es allen Verantwortlichen in der Bildungsdirektion für Kärnten klar ist, dass die rasche und effektive Besetzung von Schulleitungen ein wesentliches Element einer erfolgreichen Personal- und Bildungsentwicklung darstellt.
Die Vorteile des neuen Schulleiter/innen-Auswahlverfahren liegen auf der Hand
Nur wenn Schulleiter/innen bestmöglich ausgewählt werden und wenn gewährleistet wird, dass hier Personen mit hoher Zielorientierung, großem Führungsverständnis, sozialer Kompetenz – aber auch mit „Hands-on-Mentalität“ und „Hausverstand“ – die Leitung einer Schule übernehmen, werden Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie ein effizientes Qualitätsmanagement in Zukunft erfolgreich umgesetzt werden können.
Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Schulleiter/innen-Auswahlverfahren zeigen, dass sich die Kandidat/inn/en mit der Schulleitungsrolle sehr gut identifizieren können, dass sie auch entsprechende Verantwortung für ihr Führungshandeln sowie für eine funktionierende Schulpartnerschaft übernehmen wollen und dass ihnen dabei die Qualität der Leistungen und Ergebnisse ihrer Schulen sehr am Herzen liegt.