Mit dem Newsletter zur Schulautonomie informieren wir Sie regelmäßig über alle Neuerungen auf dem Blog sowie über spannende Themen rund um Schulautonomie und Bildungsreform.
Direktor Persterer im Gespräch: „Führungsverständnis zum Wohle der Schule einsetzen.“
Michael Persterer, BEd, Direktor der NMS Gmünd in Kärnten, über Schulführung, Schulentwicklung sowie autonome Auswahl der Lehrkräfte.
Herr Direktor Persterer, Sie sind nun seit mehr als 2 Jahren Schulleiter der Neuen Mittelschule Gmünd mit 210 Schüler/innen in 10 Klassen. Wie geht es Ihnen mit Ihrem neuen Aufgabenbereich im Rahmen des Bildungsreformgesetzes und des Autonomiepakets im schulischen Alltag?
Schulische Weiterentwicklung und qualitätsvoller Unterricht waren und sind für mich immer die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass man sein eigenes Führungsverständnis als Schulleiter zum Wohl der Schule einsetzt. Die neuen Entwicklungen, wie die gezielte Lehrer/innen-Auswahl durch „Get Your Teacher“, das Bekenntnis zur Ergebnisverbesserung sowie die Entscheidungsbefugnis des Schulleiters, wenn es darum geht, die selbstbestimmte, zukunftsorientierte und leistungsfördernde Schule zu gestalten, sind neben der spannenden Neuausrichtung der Mittelschule mit der zukünftigen Gliederung in Standard und AHS-Standard wesentliche Säulen der Lehr- und Lernprozesse an unserer Schule.
Von Seiten der APS-Schulleitungen kam die Kritik, dass sie selten jene Lehrer/innen bekommen haben, die sie auch tatsächlich für den Schulbetrieb gebraucht haben. Hat sich das Ihrer Meinung nach durch „Get Your Teacher“ zum Positiven?
Ich denke schon, dass es über das professionelle Personalauswahlverfahren mit den gezielten Ausschreibungen und den strukturierten Auswahlgesprächen nun einfacher geworden ist, die richtigen Lehrerinnen und Lehrer für eine Schule zu finden. Das ist auch gut so, denn aus der Vergangenheit kann ich Ihnen erzählen, dass wir für unsere NMS mit Sportschwerpunkt immer zwei Lehrer/innen mit Bewegung und Sport angefordert haben. Bekommen haben wir aber zwei durchaus liebenswerte und kompetente Kolleg/inn/en mit Biologie und Geschichte. Hier obliegt es dann natürlich dem Schulleiter, entsprechend umzuschichten. Dennoch ist das eine große Herausforderung.
Hier hoffe ich natürlich – und ich höre diesbezüglich nur Positives von Kolleg/inn/en – dass es mit „Get Your Teacher“ große Verbesserungen geben wird. An meiner Schule gehen zum Beispiel mit Ende des Schuljahres zwei Kolleg/inn/en mit 31 Stunden in Pension. Hier erwarte ich mir eigentlich schon, dass ich aufgrund meiner Ausschreibung dann Lehrer/innen bekomme, die meinen Anforderungen entsprechen. Mein Verständnis von Schulleitung ist es auch, dass ich hier gemäß der Schulautonomie auf die Personalauswahl doch effizient einwirken kann und so die Personalentwicklung an meiner Schule weiter verbessern kann.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch die NMS-Bundeslehrer/innen (Kooperationslehrer/innen) erwähnen, die ja ab dem nächsten Jahr nur noch in den dritten und vierten Klassen eingesetzt werden können. Hier hatten wir in der Vergangenheit immer Glück mit unseren Kooperationslehrer/inne/n aus dem BORG Spittal und es wird schwierig sein, diese Kolleg/inn/en, die durchwegs hervorragende Arbeit geleistet haben, zu ersetzen.
War diese „doppelte Buchführung“ in der Lehrer/innen-Verwaltung für Sie eine Belastung oder sind Sie damit für Ihre Schule gut zurechtgekommen?
Unabhängig von der guten Unterrichtsarbeit, die von diesen Kolleg/inn/en immer geleistet wurde, war es doch ein Problem, dass diese nicht in der NMS-Schulverwaltung abgebildet waren. Dies bedeutete, dass die Kooperationslehrer/innen nicht suppliert werden konnten, weil sie nicht in unserem Verwaltungssystem „Sokrates“ abgebildet waren und ich sie daher auch nicht in der Datenbank anlegen konnte. Das heißt aber auch, dass bei Krankheit kein Ersatz seitens der Kooperationsschule vorhanden war.
Die meisten NMS konnten sich hier jedoch insofern helfen, als das Teamteaching aufgehoben wurde und der NMS-Lehrer / die NMS-Lehrerin alleine die innere Differenzierung wahrnahm.
Durch die Kippregelung ab dem nächsten Schuljahr sehe ich aber größere Probleme beim Supplieren, da wir laut Schulforumsbeschluss ab der 6. Schulstufe in Englisch, Deutsch und Mathematik mit Gruppen arbeiten und es so kein Teamteaching mehr gibt. Für mich stellt sich somit die Frage, wer bei Abwesenheit die Gruppe(n) der Kooperationslehrer/innen übernimmt. Hier hoffe ich stark auf die Unterstützung aus der Bildungsdirektion.
Herr Direktor Persterer, können Sie uns erklären, wie Ihre Schul- und Klassenorganisation zurzeit detailliert aussieht?
Wir führen im nächsten Schuljahr drei erste Klassen, drei zweite Klassen, zwei dritte Klassen und zwei vierte Klassen. Dabei setzten wir in den ersten Klassen jeweils zwei Lehrer/innen in Englisch, Deutsch und Mathematik ein, in den zweiten Klassen in vier Gruppen vier Lehrer/innen und in den dritten und vierten Klassen haben wir jeweils drei Gruppen mit drei Lehrer/innen. Diese Planung wurde im Schulforum beschlossen und trägt dazu bei, dass wir der Forderung nach größeren Gruppen mit AHS-Standard Rechnung tragen, wie dies am Land eher der Fall ist.
Wie gesagt, wir benötigen für diese Regelung mit der inneren Differenzierung oder mit der Gruppenbildung auch immer die entsprechenden Lehrer/innen mit der jeweiligen Lehrbefähigung für die benötigten Unterrichtsgegenstände. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall, wenn es um die Personalzuteilung ging. Aus diesem Grund erwarte ich mir natürlich von „Get Your Teacher“ und dem Freiraum im Lehrer/innen-Auswahlverfahren doch sehr positive Entwicklungen.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft? Wohin wollen Sie Ihre Schule entwickeln?
Für unsere standortbezogene Schulentwicklung spielt der Sport eine wichtige Rolle. Wir liegen zwischen den Nockbergen und den Hohen Tauern und haben sehr viele Kooperationen mit den ortsansässigen Sportvereinen in den sportlichen Disziplinen Ski, Fußball, Tennis und Radfahren.
Aber auch hier kommt leider der Mangel an geprüften Bewegung-und-Sport-Lehrer/innen zum Tragen. Ich falle in meiner Position als Schulleiter als ein solcher Lehrer aus und zwei Kolleg/inn/en gehen demnächst in Pension. Dies bedeutet, dass wir ernsthafte Schwierigkeiten haben werden, unser Konzept des intensivierten Schulsports weiterzuleben. Der Druck seitens Eltern ist aktuell hoch, weil wir gewisse Neigungsgruppen nicht durchführen können. Wir behelfen uns damit, dass wir eine Kombination zwischen Schulsport und Verein anbieten. Die Vereine sind dafür sehr aufgeschlossen und schicken uns auch immer wieder Trainer als Unterstützung in die Schule.
Was ich aber damit ausdrücken möchte ist, dass man speziell am Land junge, engagierte Lehrer/innen benötigt, die sich auch in der Freizeit für die Schule einbringen und mit den Schüler/inne/n Aktivitäten im lokalen Kontext setzen. Wir bekommen ja auch Unterstützung von den Nockberge-Rangern, die im Biosphärenpark arbeiten und mit unseren Schüler/inne/n entsprechend Projekte durchführen. Aber dieser Ökologie- und Naturansatz ist nicht unser einziger Schwerpunkt. Wir beschäftigen uns auch mit gesunder Lebensführung, mit dem Projekt NAWITECH und vor allem natürlich mit unserem musikalischen Schwerpunkt, im Rahmen dessen wir wesentliche Ausrufezeichen für die Kultur- und Kunststadt Gmünd setzen.
Wie steht es mit innovativen Lehr- und Lernformen an Ihrer Schule? Welche Konzepte gibt es hier?
Über die Aktion „Digifit“ wollen wir zum Beispiel unsere Schüler/innen fit am Computer und im Internet machen. Wir haben im Rahmen unserer Digitalisierungskampagne auch über die PH SCHILF-Veranstaltungen geplant und wollen so auch die digitalen Grundkompetenzen in allen Unterrichtsgegenständen ausrollen. Besonders stolz sind wir zurzeit auf unsere Tablet-Klasse, die im Rahmen des österreichischen Programms für ländliche Entwicklung eingerichtet wurde. Hier haben wir eine erste Klasse mit 25 Tablets ausgestattet, die über die Nockregion sowie über den Förderverein finanziert wurden. Die Schüler/innen können die Tablets nach Hause mitnehmen, sie sind versichert und lediglich in den Ferien wieder abzugeben.
Diesbezüglich ist es natürlich unser Anliegen gewesen, eine digital kompetente Klasse zu entwickeln und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit den außerschulischen Partnern in der Region zu stärken. Dies ist wohl auch eine Aufgabe eines Schulleiters, dem es ja obliegen muss, vorhandene Töpfe anzapfen zu können und die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Unterrichtsarbeit damit bestens zu unterstützen.
Sie haben die Themen Leitung und Führung öfters angesprochen. Wie sieht das bei Ihnen praktisch aus?
Ich sehe mich in meiner Rolle als Schulleiter auch als Kommunikator nach außen, will die Lehrer/innen unterstützen, aber auch Fundraising betreiben und mein bestehendes Netzwerk mit allen Sportvereinen, aber auch mit der Kommune, mit den Banken und den Betrieben in der Stadt Gmünd weiter ausbauen. Damit erreiche ich, dass unsere Schüler/innen finanzielle Unterstützungen bekommen, wenn es darum geht, etwa ins TAZ nach Klagenfurt zur Berufs- und Bildungsorientierungstestung zu fahren, oder andere Initiativen wie „Fit for Job“ in Anspruch zu nehmen.
Hier in Gmünd befinden wir uns auch im Zentrum einer Talschaft. Unser Einzugsgebiet sind das Liesertal und das Maltatal, weswegen wir verstärkt auf Regionalität setzen. Ich veranstalte mit meinen Kolleg/innen zahlreiche Elternabende, wir kümmern uns auch um das soziale Umfeld unserer Schüler/innen, treten viel persönlich in Kontakt und versuchen sehr viele Dinge im kurzen Weg zu erledigen.
Wenn wir über die Zukunft sprechen, wohin soll sich Ihrer Meinung nach die Schule entwickeln und was sind Ihre Wünsche für die NMS Gmünd?
In Gmünd gab es ursprünglich zwei Hauptschulen, die im Schuljahr 2001/2002 zur Musikschwerpunktschule zusammengelegt wurden. Aus dieser Historie ergeben sich auch die Schwerpunkte der Neuen Mittelschule Gmünd, die sich zweifelsfrei zu diesem Musikschwerpunkt bekennt. Daneben bedienen wir aber noch andere Schwerpunkte wie Sport, Italienisch und Berufs- sowie Bildungsorientierung.
Mit all diesen Schwerpunkten sehen wir uns als eine Schule, die leistungsstarke Schüler/innen fordern und leistungsschwächere Schüler/innen fördern kann. Wir wollen unseren Schüler/innen damit die beste Bildung für sie selbst passgenau zukommen lassen, die ihnen dann in den weiterführenden Schulen hilft.
Obwohl unsere Lehrpläne im AHS-Standard völlig gleich sind wie an der AHS, sehen wir uns als Gesamtschule. Unser Bildungsauftrag ist es, die Schülerinnen und Schüler in der Region zu halten, damit sie nicht mit 10 Jahren nach Spittal auspendeln müssen. Wir wissen aus Erfahrung, dass sie hier im Tal viele Freunde und Bezugspersonen haben, die sie auch länger für ihr Umfeld nutzbar machen sollen. Es ist auch unser Auftrag, die demographischen Entwicklungen zu berücksichtigen und hier unsere Stärken einzubringen. Besonders stolz bin ich auch darauf, dass wir etwa in den letzten Jahren einen hohen Prozentsatz der Schüler/innen im Einzugsgebiet an unserer Schule halten konnten.
So blieben vor drei Jahren von 48 einzuschreibenden Schüler/innen 45 bei uns, vor zwei Jahren von 41 immerhin 39 und heuer von 72 auch 68. Damit wirken wir auch der Abwanderung entgegen und bieten so den Eltern und ihren Kindern tolle Möglichkeiten für das Verbleiben in der Region. Zusammenfassend kann man vielleicht sagen, dass sehr viel für die Qualität der Neuen Mittelschule Gmünd spricht, weil wir immer wieder sehen, dass sich unsere guten Schüler/innen auch an weiterführenden Schulen sehr gut durchsetzen können.
Unser Animo im schulischen Kontext ist es, die Freundschaft unter den Kindern zu fördern, ihre soziale Einbindung zu garantieren, und ihnen dabei auch noch die geforderten Kompetenzen zu vermitteln. Dabei bleibt für die Kinder noch genügend Freizeit, die sie dann in der Musikschule oder in den Sportvereinen verbringen können, um dann am Abend in das gewohnte heimelige Umfeld ihrer Familie zurückzukehren. Ich denke, wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag für die Chancengerechtigkeit in der Bildungslandschaft und können so auch der oft zitierten Abwanderung einen Riegel vorschieben.
Herr Direktor Persterer, ich danke für das interessante Gespräch.