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Regionale Bildungsnetzwerke und Q-Days: Best-Practice-Beispiele zur Entwicklung und Sicherung der Schulqualität
In der Einführungs- und frühen Umsetzungsphase von QMS, dem neuen gemeinsamen Qualitätsmanagementsystem für alle Schularten, hat es in der Bildungsregion Kärnten West bereits zahlreiche Initiativen gegeben, die sich mit der Weiterentwicklung der Schul- und Unterrichtsqualität, der Identifizierung von Stärken und Verbesserungspotenzialen an den Schulstandorten sowie mit den Erfolgskriterien schulischer Arbeit beschäftigten.
Zwei Vorreiterinnen, denen die datenbasierte Schulqualität als Qualitätskoordinatorin und als SQM sehr am Herzen liegt, sind Doris Latschen und Gabriele Patterer im Bereich Pädagogischer Dienst in der Bildungsdirektion für Kärnten. Die beiden Qualitätsexpertinnen haben als Bildungsverantwortliche in der Region immer das Ziel vor Augen, für ihre Zielgruppen, also Schulleiter/innen sowie Vertreter/innen der Schulpartnerschaft, Maßnahmen zu setzen, die eine gut strukturierte und evidenzbasierte Qualitätsentwicklung ermöglichen würden.
5 Bildungsnetzwerke für Kärnten
Aus diesem Ehrgeiz heraus und basierend auf den Grundlagen des Bildungsreformgesetzes gründeten sie 2019 im Gail- und Drautal, sowie in Folge in der Region Mittelkärnten, hochaktive Bildungsnetzwerke, die es den Schulleitungen erleichtern sollten, die Vernetzung mit ihren Peers durchzuführen und die gemeinsame schulische Arbeit zu harmonisieren. Die zu diesen Bildungsnetzwerken eingeladenen Teilnehmer/innen zeigten sich von der Idee des fachlichen Austausches zu den Themen Schulorganisation, Schulleitung, neue Lehr- und Lernmethoden, sowie von den dort präsentierten Best-Practice-Schulentwicklungsprojekten, sehr begeistert und meldeten rück, dass die so gewonnenen Erfahrungen ihnen wesentliche Unterstützung bei der Implementierung des Qualitätsrahmens, des Schul-Monitorings, sowie der Bilanz- und Zielvereinbarungsgespräche, leisten würden
Q-Days als voller Erfolg
In einem weiteren Schritt wurden dann die Bildungsnetzwerke dazu verwendet, mit den Schulleitungen sogenannte „Q-Days“ abzuwickeln, also Qualitätstage, im Rahmen derer bis zu vier Schulen in einer Sitzung Präsentationen zu ihren Schwerpunktsetzungen sowie zu ihren wesentlichsten schulinternen Qualitätsprojekten vorstellten. Diese schulspezifischen Projekte, die die jeweils besten Ausprägungen qualitätsorientierter Schul- und Unterrichtsentwicklung einer jeden Schule abbildeten, dienten als Diskussionsgrundlage und als Beispiele für funktionierende Schulqualitätsverbesserungen. Die dort präsentierten Ergebnisse wurden von allen Teilnehmer/innen sehr positiv bewertet, was auch aus durchgeführten Evaluationen deutlich hervorging.
Um diesbezüglich mehr über die Wirkung ihrer Informationsveranstaltungen zum Thema Qualitätsrahmen zu erfahren, habe ich die beide Koordinatorinnen zum Gespräch gebeten.
Frau Latschen und Frau Patterer, wie kam es eigentlich zur Gründung Ihrer mittlerweile 5 Bildungsnetzwerke und welche Ideen haben Sie aus der Steuerungsebene damit verbunden?
Ausschlaggebend für die Gründung der Bildungsnetzwerke in Kärnten waren ursprünglich einerseits die Initiative des BMBWF und andererseits die topografischen Rahmenbedingungen. Das erste Bildungsnetzwerk „Karnische Region“ wurde 2019 im APS-Bereich eingerichtet und die Schulen nehmen daran freiwillig teil. Zunächst waren als Zielgruppe nur die Schulleiter/innen eingeladen, in weiterer Folge wurden dann auch die SQA-Schulkoordinator/inn/en eingebunden. Das hat sich sehr gut bewährt.
Im Kontext mit SQA und weiteren bildungspolitischen Reformvorhaben hat sich sehr schnell ableiten lassen, dass Bildungsnetzwerke nicht nur die Vernetzung der Schulen unterstützen und vorantreiben, sondern dass sie auch die gemeinsame Arbeit an Entwicklungsthemen sowie die schulartenübergreifende Reflexion unterstützen und somit zu einer Weiterentwicklung der gesamten Region führen. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Potenzialen der Standorte wurde so rasch ein Anliegen.
Grundsätzlich wurde die Organisation der Netzwerke seitens der Steuerungsebene (Pädagogischer Leiter – Abteilungsleitung – Netzwerkkoordinatorin SQM Patterer – Autonomiebeauftragter – regionale(r) SQM) auf einen zweijährigen Begleitzyklus ausgerichtet. Bedingt durch die Corona Pandemie hat sich die Zeitleiste natürlich verschoben.
Zusätzliche Begleitung und Hilfestellung wird durch die SQA-Landeskoordinatorin für QMS, Q-Regionskoordinatorin Doris Latschen, geleistet. Hierfür wurde von der Bildungsdirektion ein zusätzliches Stundenkontingent bereitgestellt. Die Treffen der Bildungsnetzwerke sind zweimalig pro Semester angelegt und beinhalteten folgende Themenstellungen:
Mai 2019 – November 2019
- Kick-off Veranstaltung
- Bildung des Netzwerkes
- Gemeinsames Festlegen von Entwicklungsthemen (Digitalisierung, Pädagogik Paket)
Schuljahr 2019/2020
- Gemeinsame Arbeit an Entwicklungsthemen
- bedarfsorientierte Inputs
- Kontinuierliche Reflexion von Inhalten und Prozessen
- erste SQA Bilanz- und Zielvereinbarungsgespräche im Format der Q-Days
- erste Evaluierungsergebnisse
Schuljahr 2020/2021
- Pandemiebedingt finden die BNW treffen leider nur mehr online statt, was sich nicht sonderlich bewährt. BNW „leben“ zu einem großen Teil von der Beziehungsarbeit.
- Der rollende Übergang in die Selbststeuerung des BNW ist vorbereitet, pandemiebedingt aber verschoben.
Dazu liegen auch die entsprechenden Prozessdokumentationen und Evaluierungsergebnisse vor. Daraus kann abgeleitet werden, dass die teilnehmenden Schulen im Bildungsnetzwerk einen großen Vorteil sehen. Klar und transparent werden Entwicklungsprozesse im schulischen Qualitätsmanagement eingeleitet, umgesetzt und begleitet. Die teilnehmenden Schulen haben sich auch von Anfang an als gleichberechtigte Partner gesehen.
Waren Sie überrascht vom großen Anfangserfolg Ihres Vorhabens?
Ja, das waren wir. Es gab sehr rasch viel positive Resonanz. Alle Schulen der Region sind in das Bildungsnetzwerk eingetreten, auch Privatschulen. Die gemeinsame Themenfindung (MS/VS) für die SQA-Entwicklungspläne war ein moderiertes Setting und erfolgte mit großer Partizipation aller Beteiligten. Maßnahmenplanung, Festlegung der Indikatoren und Evaluierung erfolgten schulautonom. Die Perspektive der kontinuierlichen Begleitung auf der Inhalts- und Prozessebene wurde von den Schulleitungen – in weiterer Folge auch von den Schulkoordinatoren/innen – als sehr hilfreich und sinnvoll wahrgenommen. Sehr rasch zeigte sich die schulartenspezifische Zusammenarbeit bei der Maßnahmenumsetzung. Parallel dazu ergaben sich auch schulartenübergreifende Synergien, z. B. bei der Professionalisierung der Lehrpersonen im Bereich der Digitalisierung. Im Rahmen der Maßnahmenumsetzung (z. B. bei der Implementierung der Kompetenzraster in der Volksschule) gab es auch vertiefende Vernetzungen zwischen den Schulen. Arbeitsfelder wurden abgesteckt, bearbeitet und Ergebnisse reflektierend betrachtet.
Wie sahen die weiteren Schritte aus, nachdem die Schulleitungen ihre eigenen Konzepte und Entwicklungen für die Schulqualität entwickelt hatten?
In den Netzwerktreffen wurde zweimal pro Semester in unterschiedlichen Settings (z. B. im Plenum oder in der Kleingruppe, sowie themenspezifisch und schulartenspezifisch) an der Umsetzung der Vorhaben gearbeitet. Fachliche Unterstützung, beziehungsweise Unterstützung im Hinblick auf die Organisation, gab es immer durch die SQA-Landeskoordinatorin. Der regelmäßige Austausch mit der Schulaufsicht war aus der Sicht der Schulleitungen sehr hilfreich, da Abstimmungen rasch und unkompliziert erfolgen konnten. Ein wesentlicher Schritt war weiters die Planung eines veränderten Modus für die Bilanz- und Zielvereinbarungsgespräche. Hier haben wir auf ein bewährtes Format aus dem Schulbereich der HTL (Initiator Dr. Zafoschnig) – den Q-Day – zurückgegriffen und dieses für unsere Zwecke adaptiert. Die ersten Q-Days fanden vor Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 statt und die durchgängig sehr positive Resonanz der Schulen war überwältigend.
Während des Rollouts Ihrer Bildungsnetzwerke hatten Sie auch Gelegenheit, sich rückblickend mit den SQA- und QIBB-Zielen zu beschäftigen. Haben Sie daraus auch Maßnahmen für die Umsetzung des Qualitätsrahmens ableiten können?
Ja, das konnten wir. Im Zeitfenster bis Herbst 2021 wurden fünf weitere Bildungsnetzwerke eingerichtet. Im rollenden Übergang von SQA zu QMS haben sich die Q-Days als Form des Bilanz- und Zielvereinbarungsgesprächs als sehr hilfreich erwiesen (hierzu liegen ebenfalls Evaluierungsdaten auf). Wie bereits erwähnt, hat die überaus positive Resonanz aus der Netzwerkarbeit und in weiterer Folge in den Q-Days dazu geführt, dass diese Erkenntnisse für die strukturierte Ausrollung von QMS genutzt wurden. Das Qualitätsmanagement wurde in den BNW-Gruppen mehrheitlich als wichtig und sinnvoll empfunden. Hier gab es aber positive Unterschiede zu anderen Gruppen, die im Hinblick auf die Akzeptanz für Qualitätsmanagement am eigenen Standort oft eine kritische Haltung gegenüber bildungspolitischer Vorgaben einnahmen oder manchmal sogar auch leichten Widerstand leisten wollten.
In den Q-Days wurde aus unserer Sicht ein wichtiger Grundstein für den positiv konnotierten Übergang von SQA zu QMS gelegt. Wir konnten erkennen, dass Schulen in Bildungsnetzwerken bei der Umsetzung des Qualitätsmanagements einen wesentlichen Vorteil darin erkennen, dass sie durch den kontinuierlichen Austausch sowie durch das gemeinsame Bearbeiten relevanter Themen, durch die begleiteten Prozesse der Umsetzung und durch die Reflexion, noch besser Veränderungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Lehrens und Lernens in Angriff nehmen können.
Können Sie noch etwas mehr von Ihren Erfahrungen mit den Q-Days eingehen? Wie war die Resonanz der Teilnehmer/innen?
Die Erfahrungen aus den Q-Days sind für alle teilnehmenden Akteur/innen äußerst bereichernd. Ein erstes Feedback zu den aktuellen Q-Days – es haben 76 Pflichtschulen daran teilgenommen – war sehr positiv. Pandemiebedingt hatten die heurigen Q-Days definitiv anderen Charakter. Aus den Rückmeldungen der Schulleitungen können dennoch zielgerichtete und „sinnvolle“ Vorgehensweisen abgeleitet werden, damit der Übergang zu QMS trotz Pandemie vertrauensvoll und mit hoher Partizipation gestaltet werden kann. Mehr denn je hat sich gezeigt, dass eine transparente Informations- und Kommunikationsstruktur auf Augenhöhe ein wichtiger Gelingensfaktor im Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses von Schulqualität ist.
Sie scheinen in Bezug auf das Qualitätsmanagement, aber auch auf die Motivation und die Schulung der Direktor/innen und Qualitätsbeauftragten, sehr viel richtig gemacht zu haben – worauf führen Sie das zurück und was sind Ihre nächsten Pläne?
Aktuell gibt es, wie bereits erwähnt, 5 Bildungsnetzwerke mit unterschiedlicher Ausrichtung (3 regionale Bildungsnetzwerke, 1 Bildungsnetzwerk Minderheitenschulwesen Sek. 1; 1 Bildungsnetzwerk „Sprachbewusster Unterricht“). Die bereits bestehenden Bildungsnetzwerke werden aufgrund der langen Phase von Online-Meetings auch in den kommenden beiden Jahren begleitet werden. Für 2021/22 ist – sofern pandemiebedingt möglich – mit Unterstützung der Bildungsdirektion (Bereitstellung eines zweckgebundenen Stundenkontingentes von 11 Landeslehrer/innen-Wochenstunden), des Leiters des Pädagogischen Dienstes und den Abteilungsleitungen, der Aufbau von weiteren Netzwerken geplant, vorrangig in der Bildungsregion Kärnten Ost.
Im engen Austausch mit der Abteilungsleitung und der zuständigen Schulaufsicht wurde diesbezüglich im Juni 2021 ein Konzept entwickelt, das mit November 2021 in die Umsetzung hätte gehen sollen. Alle Kick-off-Veranstaltungen waren bereits im Detail geplant. Derzeit gibt es hier aber eine Verzögerung, denn alle Schulen sind aktuell sehr gefordert, ihre Handlungsfelder des pandemiegeschüttelten Schulalltages bestmöglich zu bewältigen. Ziel der Ausrollung der „neuen“ Bildungsnetwerks wird es aber sein – schulautonom und ausgehend vom Qualitätsrahmen und den Prinzipien des QMS – regionale Entwicklungen zu unterstützen und voranzutreiben.
Auch hier liegt der Fokus klar auf der Weiterentwicklung des Lehrens und Lernens. Wir wollen nämlich die Netzwerkarbeit durch die aktuellen Herausforderungen nicht gefährden.
Welche Ergebnisse und Rückmeldungen erwarten Sie in Zukunft von den zahlreichen Mitgliedern Ihrer Bildungsnetzwerke?
Insgesamt nehmen wir aus den letzten Q-Days das Feedback mit, dass der Aufbau von schulartenübergreifenden BNW hilfreich und sinnvoll erscheint. Das Bestreben nach Weiterentwicklung gelingt als gemeinsames Vorhaben leichter. Aus den vorliegenden Evaluierungsergebnissen ergibt sich für die teilnehmenden Schulen ein klarer Vorteil in vielen Bereichen, begründet wird dies unter anderem auch vermehrt durch die Beziehungsarbeit und das aufgebaute Vertrauen. Erste Schritte im Hinblick auf die Erweiterung der Bildungsnetzwerk-Gruppen im höheren Schulbereich haben Handlungsfelder ergeben, die vor allem die strukturellen Gegebenheiten verbessern müssen. Daran müssen wir noch feilen. Dazu sind aber bereits erste Rückmeldungen vorhanden, die wir für unsere weitere Arbeit gut nutzen können.
Die klaren Strukturen, eine transparente Kommunikation, aber vor allem die entsprechenden thematischen Ausrichtungen erscheinen als Basis unumgänglich. Mit der sicheren Nutzung der IQES-Plattform möchten wir den Bereich des Feedbacks, der Evaluierung, aber auch der fachbezogenen Unterrichtsentwicklung, noch besser zugänglich machen. Das könnte aus unserer Sicht in den Bildungsnetzwerken besser gelingen. Vorrangiges Prinzip ist aber derzeit, der Pandemie geschuldete Überlastungen zu vermeiden und einem Misserfolg im Aufbau der Bildungsnetzwerke entgegenzuwirken. Langfristig sollte der kontinuierliche Ausbau weiterer Bildungsnetzwerke forciert werden (geplant sind hier z. B. Initiativen für Kleinschulen oder Diversitätsthemen) und deren Prozessbegleitung sollte sich auf einen Zweijahresrhythmus einpendeln. Die Grundlagen für eine konstruktive Weiterentwicklung im Qualitätsmanagement werden die Daten aus der regelmäßigen Reflexion bildungsdirektionsinterner Prozesse und die Ergebnisse aus jährlich durchgeführten Evaluationen der Netzwerkschulen bilden.